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Montag
02.11.2015

TV / Radio

Radiocontrol-Messuhr von Mediapulse

Radiocontrol-Messuhr von Mediapulse

Verschiedene Stimmen besagen, dass die vor 15 Jahren eingeführte Radiocontrol-Messuhr von Mediapulse den heutigen Radiokonsum nicht mehr richtig erfasst, zumal viele Junge ihr Programm via Kopfhörer konsumieren.

«Es ist grundsätzlich korrekt, dass die Messmethodik mit der Mediawatch den Radiokonsum über Kopfhörer nicht messen kann, da die Uhr die Signale aus dem Kopfhörer nicht hört», gibt der Kommunikationsleiter Christopher Wehrli offen zu, da auch die im Mediapulse Radiopanel zur Anwendung kommende Audiomatching-Methode deutlich hörbare Signale benötigt, um diese einem Radiosender zuordnen zu können.

Wehrli verweist seinerseits auf eine Time Use Study aus den Jahren 2011/ 2012, wonach der durchschnittliche Radiokonsum mittels Kopfhörer etwa in der deutschen Schweiz bei 2,7 Prozent liegt. In der französischen Schweiz bei 5,9 Prozent. In der Zielgruppe 15-24 Jahre, deutsche Schweiz, liegt der Anteil der Personen, die mehrheitlich oder ausschliesslich per Kopfhörer Radio hören bei 7,9 Prozent.

Für den Radiomacher Giuseppe Scaglione etwa sind diese Zahlen offensichtlich zu tief, zumal man heutzutage nur schon im ÖV keine jungen Leute ohne Kopfhörer mehr antrifft. Wehrli ergänzt denn auch: «Die Time Use Study 2015, welche in Kürze veröffentlicht wird, zeigt in diesem Bereich steigende Werte auf.»

Erst für das Jahr 2017 plant Mediapulse die Erneuerung des Radiopanels. Auch hier wird gemäss Wehrli wiederum eine Mediawatch zur Anwendung kommen, welche die Radionutzung mittels Audiomatching-Verfahren misst: «Dieses neue Messsystem weist eine Vielzahl von Verbesserungen und Modernisierungen auf, wird aber auch in absehbarer Zukunft den Radiokonsum mittels Kopfhörern nicht messen können. Im Rahmen der Evaluation des neuen Mediapulse Radiopanel 2017 wurden unsere Kunden zu den `Must-Kriterien` und Anforderungen der neuen Messmethodik im Rahmen von Umfragen und Roundtables befragt. Das Thema `Kopfhörer-Nutzung` wurde intensiv diskutiert, letztendlich aber nicht als `Must-Kriterium` definiert.»

Scaglione kontert: «Offenbar haben noch nicht alle Verantwortlichen gemerkt, wie stark sich das Medium Radio und der Audiokonsum verändert haben. Darüber, dass die Branche offenbar die Messung des Kopfhörerkonsums nicht als `Must-Kriterium` definiert hat, kann man nur verwundert den Kopf schütteln. Die Verbreitungsvektoren und die Empfangsgeräte, auf denen Audio und eben auch Radio konsumiert werden, spielen für die Konsumenten keine Rolle mehr. So sollte es eigentlich auch für eine zeitgemässe Messmethode sein.»

Die Diskussion ist damit aber nicht beendet. Die Kopfhörernutzung betrifft und interessiert zunehmend alle Sender, aber auch die Vermarkter und Werbekunden. Technische Möglichkeiten zur Messung der Kopfhörernutzung auf der Basis der Audiomatching-Methode sind bekannt, wenn auch für die Panel-Teilnehmer wenig praktikabel. Wehrli erwähnt die Möglichkeit, die Kopfhörernutzung mittels Zusatzbefragungen zu erheben: «Aus heutiger Sicht überschreiten wir jedoch mit solchen Ansätzen die Finanzierbarkeit des Radiopanels.»

Die Luzerner Blue Eyes Marketing GmbH hat schon mehrmals mit eigenen Studien für Aufsehen gesorgt und kommt teilweise zu ganz anderen Hörerzahlen. Scaglione ist sogar davon überzeugt, dass aufgrund der vielen Mängel der Radiocontrol-Messmethode eine Befragung ein besseres Bild der gesamten Audio-Nutzung (Total Audience) liefert, auch wenn das noch so altmodisch klingen mag: «Eine Befragung ist momentan der einzige Weg, um alle Vektoren wie DAB, Streaming oder Kabelnetz, alle Endgeräte inklusive Kopfhörer und auch die zeitversetzte Nutzung zu erfassen.»

Wehrli sieht jedoch keine Notwendigkeit, auf Befragungen wie etwa diejenige von Blue Eyes Marketing zu reagieren: «Grundsätzlich steht es jedem Radio frei, eigene Messungen und Forschungen zu betreiben. Jede neue Messmethodik liefert auch automatisch neue, interpretierbare Resultate.»