Wenn es um Online-Werbung geht, wird immer dick aufgetragen: Denn es geht um viel, sehr viel leichtverdientes Geld mit Programmatic-Systemen. Dementsprechend haben sich Mediaagenturen und Online-Marketingagenturen in den letzten Jahren unter anderem an Google rangehängt und zocken nun die Kunden ab.
Aber nicht nur Onliner tragen gerne dick auf, auch Boulevardjournalisten von «10vor10» reden gleich von «wie `10vor10` aufgedeckt hat». So geschehen am Donnerstagabend, als sich das TV-Magazin löblicherweise einmal mit der Dunkelkammer des Online-Werbeverkaufs beschäftigt hat, nachdem bereits Grossbritannien und nachfolgend das Netz nun verstärkt öffentlich über das manchmal heikle Werbeumfeld der Video-Werbebotschaften redet.
Schweizer Kunden wie Swiss Life oder der Käseproduzent Baer, dessen Werbeausspielungen teilweise in rassistischem Umfeld gezeigt wurden, haben nach den Anfragen der «10vor10»-Journalisten nach eigenen Aussagen gleich die Werbe-Spendings bei Google (Google Display und Youtube) gestoppt und die Verantwortung wiederum Richtung Anbieter und Mediaagenturen abgeschoben.
Aber fragliche Umfelder sind nur die Spitze des Eisberges, wie aufmerksame Klein Report-Leser wissen. Viele Mediaagenturen haben in den letzten ein, zwei Jahren angefangen, im digitalen Werbebereich anstatt Werbung zu vermitteln, eigene «Produkte» und Firmen zu lancieren, welche der Kundschaft dann via «beratender» Mediaagenturfunktion verkauft werden.
Solche Mischpakete, man kann sie auch strukturierte Produkte nennen, wurden und werden sehr häufig querfinanziert mit partiellem Einkauf von fragwürdigem Mediainventar, um damit den Paketpreis, in der Regel der CPM für Endkunden, möglichst niedrig zu halten.
«Programmatic» oder «Real Time Bidding» ist nicht selten einfach ein Deckmantel für Anbieter und Mediaagenturen, mit zusätzlichen eigenen Mediaprodukten Umsätze zu generieren.
Für den Klein Report ist auch klar, dass viel zu viel Budget unter Verwendung von Sales-Buzzwords wie «Trading Desk» oder «Real Time Bidding» fahrlässig an irgendwelche internationalen Player und Portale vergeben wurde oder noch immer vergeben wird.
Kritisch am «10vor10»-Beitrag war die vermeintliche Expertenmeinung eines Webrepublic-Mitarbeiters. Die Marketingagentur ist ein offizieller Google-Partner und durch den ersten Schweizer Mitarbeiter von Google in der Schweiz, Webrepublic-Gründer und Managing Director Tom Hanan, eng vernetzt. Auf der Webseite heisst es denn auch: «Bevor Tom die Webrepublic gründete, hat er als erster Mitarbeiter von Google Schweiz das Geschäft für Google in der Schweiz und in Österreich aufgebaut.»
Gemäss den Aussagen des Webrepublic-Mitarbeiters im TV-Beitrag würden Google und Youtube alles unternehmen, damit Werbung nicht neben fragwürdigen Inhalten auftauche. Man muss aber wissen, dass Google und Youtube bei der Ausspielung solcher Werbung immer mitverdienen und die letzten Jahre wenig Interesse zeigten, dieses für Kunden «billige» Inventar zu dezimieren.