Ex-SRG-Direktor Roger de Weck erhält beim Online-Magazin «Republik» eine exklusive Talkshow. Medienexpertin Dr. Regula Stämpfli kommentiert für den Klein Report diese Männer-Überraschung beim Online-Magazin, das sich so fortschrittlich-emanzipativ gibt.
Die «Republik», die Qualitätsjournalismus und Bezahljournalismus neu definieren will, übt sich in alten Männerseilschaften. Der eher unter unrühmlichen Umständen abgetretene SRG-Generaldirektor, dem man nicht zutraute, den harten «No Billag»-Abstimmungskampf zu gewinnen, will offensichtlich wieder ins Rampenlicht. Ausgerechnet das mit einer perfekten Marketingkampagne in diesem Jahr neu lancierte Online-Magazin gibt dem umstrittenen Ex-SRG-Chef eine grosse Plattform mit einer eigenen Talksendung.
In der «Republik»-Redaktion gibt es einige sehr prominente Hashtag-Aktivistinnen und Feministinnen, die #mansplaining oder #metoo oft sehr klug unter die Lupe nehmen. Nadja Schnetzler beispielsweise twittert eifrig über Harvey Weinstein, am 18. Mai 2018 zum Beispiel darüber, dass gute demokratische Strukturen nicht ausreichen, um Macht-Männer von Sexismus und sexuellen Übergriffen abzuhalten: «These guys all had proper governance structures – which failed completely.»
Oder die Reporterin Anja Conzett, die den Bündner Bauskandal ins Rollen brachte und die schon am 29. April 2018 twitterte: «Ist Integrität bei der (at)BDP Frauensache?» Die «Republik» rühmte sich auch von Anfang an, Vielfalt in Redaktion und bei der Themenauswahl grosszuschreiben – eines der wichtigsten Werbeargumente für eine neue Online-Zeitschrift.
Die Wahl von Roger de Weck zeigt indessen, dass die alten Männerseilschaften stärker sind als jedes progressive Lippenbekenntnis. Mal abwarten, wie die «Verlegerinnen und Verleger» (O-Ton der «Republik») den Rückwärtskurs des Online-Magazins bewerten. Wer schon satte 400 Franken für einen öffentlich-rechtlichen Kanal ausgeben muss, wird sich vielleicht zweimal überlegen, zusätzliche 240 Franken für ein weiteres Medienprodukt auszugeben, das sich darauf spezialisiert, ausgedienten SRG-Managern exklusive Formate zu bieten.
Der Entscheid der «Republik» belegt nicht nur den allzeit funktionierenden Polit-Männer-Filz in den journalistischen Chefetagen, sondern weist in die Zukunft: Arrivierte Polittalkerinnen wird es in der Schweiz – der Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechtes nicht unähnlich – erst dann geben, wenn das, was sie zu sagen hätten, eh kein Gewicht mehr hat.