Die «Basler Zeitung» hat starkes Geschütz gegen die Spitalpolitik des baselstädtischen Gesundheitsdirektors Lukas Engelberger aufgefahren. Kritik und Kontroverse seien ja gut und recht, aber Vorwürfe vom Kaliber der «Willkür» müssten auch belegbar sein, stellt sich der Presserat hinter die Behörden.
«Willkür auf dem Gesundheitsamt» war der strittige Artikel überschrieben, der am 4. März 2021 in der BaZ erschien. «Brisante Dokumente» würden zeigen, dass die Gesundheitsdirektoren beider Basel «forsch» gegen Privatspitäler vorgingen und über die Leistungsverträge die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen bevorzugten.
«Bereits bekannt» sei, dass der baselstädtische Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger ein Spital «erfunden» habe, um eine «juristisch unsaubere Kooperation» zu legalisieren. Der Journalist nennt es in der Folge «Phantomspital». Es geht dabei um eine aus seiner Sicht unzulässige Zusammenarbeit des Unispitals mit dem privaten Bethesda-Spital.
Dieser «Trick» erlaube es der Regierung von Basel-Stadt, dem Unispital lukrative orthopädische Eingriffe zuzuhalten. Den Privatspitälern würden die Behörden von Basel-Stadt und Baselland mit der neuen Spitalliste die Bewilligung zu solchen Operationen entziehen, «obwohl sie alle staatlichen Anforderungen erfüllen» würden und auch kostengünstiger seien als das Unispital.
Die beiden Behörden würden die Recherche der BaZ bestätigen, bestritten aber den Vorwurf der Willkür. In ihrer Stellungnahme verstrickten sie sich jedoch in Widersprüche, schrieb der Tamedia-Journalist in dem Artikel, gegen den das kritisierte Gesundheitsamt beim Pressrat Beschwerde einlegte.
«Ob einer Gesundheitseinrichtung ein eigenständiger Platz auf der Spitalliste zusteht, kann und muss der Presserat nicht beurteilen», hält das Gremium in seiner am Freitag publizierten Stellungnahme fest.
Man habe «sehr ausführlich und kontrovers» diskutiert, ob die Wortwahl des Journalisten – «Phantomspital», «Trick» – zulässig sei und sei zum Schluss gekommen, dass die «Basler Zeitung» mit diesen Formulierungen nicht vom Pfad der Wahrheitssuche abgekommen sei.
Hingegen ist für den Presserat der schwere Vorwurf der «Willkür» nicht akzeptabel.
Der Schutz vor willkürlichem Handeln staatlicher Behörden ist ein hohes Gut, wie Lukas Engelbergs Behörde gegenüber dem Presserat betonte. Und in der Präambel der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» wird das Prinzip der Fairness bei der Interpretation von Informationen genannt. Für den Presserat heisst dies: «Die Anschuldigung, dass bestimmte Betriebe willkürlich bevorzugt werden, muss daher gut belegt sein.»
Im BaZ-Artikel bleibe aber schleierhaft, welche «brisanten Dokumente der Gesundheitsbehörde» den Vorwurf stützen. «Die dem Presserat vorliegenden Tabellen ohne genaue Quellenangabe sind dafür nicht ausreichend. Ebenso wenig kann die von Tamedia vorgelegte, drei Monate nach der Publikation des Artikels eingereichte Beschwerde eines Spitals an das Bundesverwaltungsgericht den Vorwurf der Willkür belegen.» Dabei handelt es sich um eine Beschwerde der Ergolz Klinik AG in Liestal.
Die Bewilligungspolitik dürfe natürlich kontrovers und pointiert dargestellt werden, ebenso sei es legitim, behördliche Entscheide in Frage zu stellen. «In der vorliegenden Form und ohne konkrete Belege ist der apodiktische Begriff ‚Willkür‘ jedoch nicht akzeptabel», so der Presserat.