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Samstag
07.12.2019

Medien / Publizistik

Der Zürcher Medienkonzern Tamedia ist inmitten einer Neuausrichtung mit neuem Namen, neuer Struktur und neuem Logo. Auch das Stade de Suisse nennt sich anders und kehrt zu den Wurzeln zurück: Wankdorf bleibt Wankdorf.

Was kann und soll Branding, und was nicht? Ein Kommentar der Politologin und Medienwissenschaftlerin Regula Stämpfli für den Klein Report.

Von Donald Trump wissen wir, dass sein Aufstieg ins Präsidentenamt vorwiegend seiner Marke, einem Mix aus «catchy slogans» und der realexistierenden Kränkung weisser Unter- und Mittelschichtmilieus, zu verdanken ist. Auch Barack Obama setzte bei seinem Wahlkampf auf modernes Self-Marketing. Er und seine Frau Michelle gehören seit ihrem Abschied aus dem White House zu den «bestselling personal brands».

Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz gewann die Wahlen im europäischen Kleinstaat nur, weil er die alteingesessene ÖVP zur eigenen Personenmarke transformierte und als «Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei (ÖVP)» benannte.

Nun hat also Tamedia eine neue Marke, ein neues Logo und eine neue Struktur. Auf Twitter wurde schon «Tamexit» gewitzelt, die «TX Group AG» bekommt in den sozialen Medien so ziemlich ihr Fett ab. Die Börse sieht dies zwar anders: Anonymisierte Unternehmensbezeichnungen sind in globalen Zeiten beliebt, da sie bei Reputationsstürmen Schutz vor personalisierter und damit effektiver Berichterstattung garantieren.

Zudem war die Kombination «neues Logo» und «neue Konzernstruktur» ein geschickter kommunikativer Schachzug der TX Group AG. So merkten die Medienberichterstatter nicht, dass neu ausgerechnet eine Sozialdemokratin das grosse Sagen im neuen Techkonzern haben wird: Pascale Bruderer.

Auch die Rückbenennung des Stade de Suisse in «Wankorf Stadion» lief in der Vorankündigung wie geschmiert. Der Traditionsname Wankdorf hat sich umgangssprachlich bewährt und der Zungenbrecher Stade de Suisse gehört zur Branding-Abfallgeschichte der «National-Euphorie» (auch aus dem Landesmuseum wurde das Nationalmuseum) der Nullerjahre. Tempi passati!

Entscheidend für funktionierende Marken: Das Image vermag mitunter stärker über Börsenkurse, Ratings und Einfluss bestimmen als das reale Geschäft. Bei der Bewertung eines Unternehmens an der Börse sind Gewinn, Profitabilität und Wachstumsaussichten direkt vom Ruf, vom Medienrating und der daraus gewonnenen Big Data abhängig. Gute Marken segeln durch Krisen aller Art, angeschlagene sind sehr schnell weg vom Fenster.

Der Pharmakonzern Bayer übernahm am 7. Juni 2018 für den Kaufpreis von 63 Milliarden Dollar den US-börsenkotierten Konzern Monsanto. Aus Reputationsgründen wurde der Name Monsanto gestrichen. Die Marke verschwand vom Bildschirm. Nicht aber deren Hinterlassenschaft.

Die Bayer AG war vor der Übernahme von Monsanto schlichtweg im Saft. Sie gehörte zu den Top-Chemie- und Pharmakonzernen weltweit und betrieb ein Sauberimage-Branding vom Feinsten: Logo, Image, Brand, Ratings, Gewinn, Gewinnaussichten, Umsatz - alles stimmte.

Und dann das: Mit Monsanto kaufte Bayer ausgerechnet den Konzern, der seit 2016 mit dem «Tribunal gegen Monsanto» in Den Haag ständig mit möglichen Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und dem Artensterben in Verbindung gebracht wurde. 2016 nannte sogar die kapitalismusunkritische «Welt» Monsanto den «Teufel in Firmengestalt». Monsanto hatte - um dies möglichst höflich zu formulieren - bei den Übernahmeverhandlungen den dreckigsten, schlimmsten und für die Agrarchemie sprichwörtlich giftigsten Brand.

Seitdem befindet sich die Marke Bayer AG sowohl real als auch punkto Image im freien Fall. Der «Spiegel» nannte dies eine «einzigartige Werte- und Kapitalvernichtung» in der Geschichte der DAX-Unternehmen.

Ähnlich imagevernichtend verhielt sich Prinz Andrew, der Lieblingssohn der Queen. Sein Gespräch mit der BBC kostete ihn alle offiziellen Ämter und die gross angesagte sechzigste Geburtstagsfeier im Buckingham Palace wurde abgesagt. Der alte Witz, gute Beratung besteht darin, den Kunden vom Reden abzuhalten, hätte sich auch bei Prinz Andrew bewährt.

Fazit: Gute Marken stehen alle Krisen durch. Schlechte Brands haben das Potenzial, selbst funktionierende Uralt-Marken mit in den Abgrund zu ziehen.