Der Medien-Deal zwischen Tamedia und der Zeitungshaus AG um Milliardär Christoph Blocher schlägt auch in der Politik hohe Wellen: Die Stadtzürcher Grünen sorgen sich um die redaktionelle Unabhängigkeit des «Tagblatts der Stadt Zürich», während die Alternative Liste und die SP mit Sanktionen drohen, wie Recherchen des Klein Reports zeigen.
Was sich lange abzeichnete, ist jetzt Tatsache: Mit dem BaZ-«Tagblatt»-Tauschgeschäft holt sich die Zeitungshaus AG die Adressen der Stadtzürcher Bevölkerung in ihr Portfolio. Das stösst auf Widerstand von links, denn im Verwaltungsrat der neuen Eigentümerin sitzt unter anderem der SVP-Stratege Christoph Blocher.
Luca Maggi, Vizepräsident Grüne Stadt Zürich, warnt vor den neuen Besitzverhältnissen: «Damit hat Christoph Blocher die einzigartige Gelegenheit, das `journalistische` Umfeld des städtischen Amtsblatts nach seinem Gusto zu gestalten.» Für Maggi ist besonders die Beeinflussung der Leser und Leserinnen «gefährlich», wie er dem Klein Report erklärt.
«Bereits jetzt gehören ihm rund 25 Deutschschweizer Regionalzeitungen, womit er über eine Million Haushalte beliefern und beeinflussen kann.» Die Grünen wollen diesem «schleichenden Trend» entgegentreten und haben dafür eine Aktion gestartet, bei welcher Interessierte Briefkastenaufkleber mit der Aufschrift «Nein zur Blocher-Propaganda. Nein zum Tagblatt» bestellen können.
Auch die schweizweiten Konsolidierungen in der Medienbranche werden laut Maggi bei den Grünen «sehr kritisch» aufgenommen: «Es ist höchst bedenklich, dass die Schweizer Medienlandschaft zu einem Einheitsbrei verkommt.»
Doch damit nicht genug. Jean-Daniel Strub von der SP und Andreas Kirstein von der Alternativen Liste haben im Gemeinderat der Stadt Zürich ein dringliches Postulat eingereicht. Darin fordern beide Politiker, dass der Stadtrat prüft, dass unter anderem die politische, weltanschauliche und religiös neutrale Berichterstattung des «Tagblatts» «jederzeit eingehalten wird».
Falls dies nicht der Fall sein sollte, verlangt der gemeinsame Vorstoss die umgehende Kündigung des Vertrages mit der Tagblatt der Stadt Zürich AG. Dasselbe soll laut Strub und Kirstein passieren, wenn die neue Eigentümerin um Blocher «grossflächige Entlassungen auf der Redaktion der Zeitung plant».
Für die beiden Gemeinderäte ist eines nämlich klar: Die Zeitungshaus AG verfolge «eindeutige politische Ziele». Darum sei es auch so wichtig, dass «die involvierten städtischen Stellen auf die Einhaltung des Redaktionsstatutes pochen».
Im Gegensatz zu den linken Parteien gibt sich der Präsident der städtischen FDP, Severin Pflüger, gelassen: «Grundsätzlich stehen wir dieser Übernahme neutral gegenüber.» In Zürich gebe es mit zwei Tageszeitungen, diversen Gratispublikationen sowie Radio- und Lokalsendern eine «grosse Medienvielfalt», sagt Pflüger gegenüber dem Klein Report.
Auch die CVP der Stadt Zürich nimmt den Besitzerwechsel des «Tagblatts» zur Kenntnis. Die Fraktionspräsidentin Karin Weyermann stellt allerdings fest: «Ganz grundsätzlich scheint derzeit in der Medienlandschaft eine Konzentration auf wenige stattzufinden.» Dies sei der Medienvielfalt, welche die CVP begrüsse, «abträglich».
Christoph Blocher selber betonte an der Pressekonferenz vom Mittwoch, dass er sich noch nie publizistisch in die redaktionelle Arbeit einer seiner Zeitungen eingemischt habe. Er werde allerdings bei seinen Blättern Mitarbeitende einsetzen, die er selber «gut findet».