Die Direktorin von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR), Ladina Heimgartner (37), musste im Vorfeld zur Abstimmung der «No Billag»-Initiative für die SRG-Führung die Kohlen aus dem Feuer holen.
Heimgartner, die im bündnerischen Scuol mit heute 4638 Einwohnern geboren ist, wiederholte im Abstimmungskampf gebetsmühlenhaft das Narrativ der Viersprachigkeit der Schweiz und deren Untergang bei einer möglichen Annahme der Initiative.
Nun erklärte die Rätoromanin gegenüber der «NZZ am Sonntag»: «Für mich stimmt meine jetzige Situation als Direktorin von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha und stellvertretende Generaldirektorin der SRG. Ich beabsichtige nicht, für die Nachfolge von SRF-Direktor Ruedi Matter zu kandidieren.»
Dass Heimgartner als «Zukunft der SRG» im Abstimmungskampf betitelt wurde und ihr die Attribute «Jung, Frau und Randregion» zu einem enormen Karriereschub verholfen haben, weiss sie selber am besten: «Man kann hier schon ehrlich sein. Rätoromanin und Frau sein hat mir auf meinem beruflichen Werdegang sicher geholfen», reflektierte sie bereits Wochen vor der Abstimmung in einem «Blick»-Porträt. «Ohne diese Eigenschaften wäre sie nie an dem beruflichen Punkt, an dem sie jetzt ist», heisst es in dem differenziert geschriebenen Text von Cinzia Venafro. Die Pragmatikerin Heimgartner sei sich dessen bewusst.
Ganz im Gegensatz zu Ruedi Matter, der doch allen Ernstes nach seinem Pensionierungstag als SRF-Direktor weitermachen wollte. Matter, mit geschickten politischen Ränkezügen und einem aufgepimpten Lebenslauf zum Job gekommen, ist einer der Hauptgründe, dass eine «No Billag»-Initiative überhaupt in der Form aufs Tapet gekommen ist und sich zu einer nationalen Kampfabstimmung über Sein oder Nichtsein verschwurbelt hat.
Denn noch vor seiner SRF-Ernennung musste Ruedi Matter froh um eine Anstellung sein. Tempi passati: Die gesamte Altherren-Spitze der SRG geht heute mit satten Pensionsansprüchen jeweils mit einem kleinen, über die Jahre aufsummierten Millionenbetrag in Rente. Und am 4. März hat Matter den (Volks-)Schuss wieder nicht gehört, genau wie bei der sehr knappen RTVG-Abstimmung. Dafür hat er im Vorfeld machiavellihaft Ladina Heimgartner vorschieben lassen, wie vor ihr Roger de Weck, der völlig ins Kraut schoss und wie Matter nie in seinem Leben eine Firma geleitet hat.
Bei Matter waren von Null auf sofort 2100 SRF-Angestellte auf der Payroll. Bei Ladina Heimgartner sind es zurzeit 130 Vollzeitstellen, die sie seit dem 1. August 2014 als Direktorin von RTR unter sich hat. Mit 27 stieg sie beim TV-Sender als Ressortverantwortliche für «reflexiun» ein, zuletzt war Heimgartner stellvertretende Chefredaktorin. Gemäss eigenen Angaben ist sie seit zehn Jahren in einem Führungscoaching.
Diese Managementerfahrung hat Heimgartner im «No Billag»-Abstimmungskampf aber praktisch nicht ausgespielt. Sie blieb bei ihrer Erzählform über Radiotelevisiun Svizra Rumantscha. Das sei für viele «der beste Freund», sagte sie in der «Rundschau» von SRF: «Es berührt mich, dass man es ihnen wegnehmen will.» Im Gespräch mit dem «Blick» sagte sie beispielsweise: «Ich könnte schon Unternehmens-Blabla rauslassen. Aber das wäre nicht ich.»
Gerade mit ihrem Pragmatismus realisiert Ladina Heimgartner aber genau, dass die 30 Prozent in der Deutschschweiz und gar 35 Prozent im Tessin, die für eine Änderung des vereinsmässig organisierten Schweizer Rundfunkmodells gestimmt haben, eingefangen werden müssen.
Und weshalb im Haifischbecken SRG für die alten Herren mit 37 Jahren die Kohlen aus dem Feuer holen? Ein pragmatischer und weiser Entschluss, sich selber (vorerst) aus dem Rennen zu nehmen.