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Dienstag
14.04.2020

Medien / Publizistik

«Die Mobiliar-Beteiligung, der Launch Blick TV und die Admeira-Übernahme erforderten viel interne, vorallem aber externe Kommunikation. Seit Anfang März haben wir wegen der Corona-Krise die interne Kommunikation deutlich hochgefahren.» (© G. Castelberg)

«Die Mobiliar-Beteiligung, der Launch Blick TV und die Admeira-Übernahme erforderten viel interne, vorallem aber externe Kommunikation. Seit Anfang März haben wir wegen der Corona-Krise die interne Kommunikation deutlich hochgefahren.» (© G. Castelberg)

Ladina Heimgartner hatte am 3. Februar ihren ersten offiziellen Arbeitstag bei Ringier – nach 13 Jahren bei der SRG.

Es folgte eine kommunikative
 Mammut-Aufgabe auf die andere. Zunächst der Einstieg der Mobiliar, dann
 die Übernahme der Vermarktungsfirma Admeira und nun die Corona-Krise. Der Klein Report hat mit Ladina Heimgartner, Head of Corporate Center und Member of the Group Executive Board, über diese Herausforderungen gesprochen.

Können Sie sich daran
erinnern, seit Ihrem Stellenantritt einen ruhigen Tag verbracht zu
haben?
Ladina Heimgartner: «Wäre ich auf der Suche nach ruhigen Tagen gewesen, wäre ich wohl nicht zu Ringier (lacht) gegangen. Das Unternehmen ist sehr dynamisch unterwegs. Mir gefällt das. Dennoch genoss ich das etwas ruhigere Osterwochenende sehr. Ich empfinde sogar die coronabedingte Alternativlosigkeit als entspannend: Keine Ausflüge, keine Restaurantsuche für den Brunch, kein Stau: Einfach nur zu Hause sein.

»

Sie sind notgedrungen ins kalte Wasser geworfen worden. Wie verlief
 die Kennenlern- und Einarbeitungsphase, sofern man von einer solchen
 sprechen kann?
Heimgartner: «Ich wurde ja nicht geworfen, ich bin gesprungen, das ist schon mal ein grosser Unterschied. Sowohl die Kennenlern- als auch die Einarbeitungsphase fanden statt – einfach extrem verdichtet. Viel davon lief ganz einfach 'on the job' und ab Anfang März auch im Krisenmodus. Entsprechend steil war meine Lernkurve. Da sich die Stärken und auch die Schwächen von Menschen in Krisenzeiten ja massiv akzentuieren, kennen mich meine Kolleginnen und Kollegen nun nach drei Monaten besser, als im Normalbetrieb nach einem Jahr. Und umgekehrt.

»

Wie muss man sich einen Arbeitstag von Ihnen vorstellen?
Heimgartner: «Mein Arbeitstag beginnt, wenn ich morgens erstmals das Smartphone vom Nachttisch nehme und endet, wenn ich es abends letztmals weglege. Arbeit und Freizeit greifen bei mir stark ineinander. Ich habe immer wieder versucht, strikter zu unterscheiden, empfinde es aber als stressiger, mich zu zwingen, in meiner Freizeit bloss nicht zu arbeiten. Ich arbeite halt einfach auch gerne. Im Büro bewege ich mich relativ viel – von Sitzung zu Sitzung – aber auch für kurze spontane Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen. In der Regel sind die Tage streng durchgetaktet. Fester Bestandteil im Kalender ist aber immer auch Vorbereitungszeit – oder einfach auch mal Zeit zum Denken.

»

Sie sind Mitglied des Group Executive Board von Ringier und zuständig für das neu geschaffene Corporate Center, zu welchem auch die Kommunikationsabteilung gehört. Welche sind derzeit ihre schwerpunktmässigen Aufgaben?
Ladina Heimgartner: «In den letzten drei Monaten lag der Schwerpunkt klar auf der Kommunikation. Die Mobiliar-Beteiligung, der Launch Blick TV und die Admeira-Übernahme erforderten viel interne, vorallem aber externe Kommunikation. Seit Anfang März haben wir im Rahmen der Coronakrise die interne Kommunikation deutlich hochgefahren. Hier tauche ich selbst auch sehr tief ins Operative ein ...»

Können Sie das etwas erläutern ...
Heimgartner: «Ich schreibe zum Beispiel jeden Tag einen Text fürs interne Corona-Update. Mir ist wichtig, dass wir klar, transparent, frühzeitig und nachvollziehbar kommunizieren. Daneben bin ich in zwei internen Corona-Taskforces. Eine davon befasst sich mit der schrittweisen Rückkehr in den Büroalltag. Sehr spannend, aber auch sehr fordernd.

 In der Kommunikation nach aussen ist Ringier in der Corona-Krise
 bislang eher zurückhaltend. Die Einführung von Kurzarbeit wurde
 beispielsweise nicht speziell an die Öffentlichkeit getragen.»

Welche
 Überlegungen stecken hinter dieser defensiven Strategie?
Ladina Heimgartner: «Was derzeit interessiert und natürlich auch politisch und gesellschaftlich von Relevanz ist, sind die publizistischen Bereiche, so zum Beispiel die 'Blick'-Redaktion. Beim 'Blick' hat Ringier bislang aber keine Kurzarbeit eingeführt. Wir gehen bewusst sehr differenziert mit dem Instrument Kurzarbeit um: Wo weniger Arbeit anfällt, melden wir Kurzarbeit – so etwa in gewissen Tochtergesellschaften, aber auch im Supportbereich des Mutterhauses. Wo dies nicht der Fall ist, wie derzeit beim 'Blick', melden wir keine Kurzarbeit, auch wenn die Umsatzeinbussen massiv sind. Sollte sich dies ändern und sollte auch 'Blick' gezwungen sein, auf Kurzarbeit zu wechseln, werden wir dies natürlich aktiv kommunizieren.

»

Wie ist der aktuelle Stand kurz nach Ostern: Bei welchen Firmen
 und Unternehmensbereichen wird Kurzarbeit eingeführt, welche Bereiche 
laufen «normal» weiter?
Heimgartner: «Vor Ostern haben die Tochtergesellschaften Scout24 Schweiz, JobCloud, Ringier Sports, Ticketcorner, Swissprinters, Energy, DeinDeal und Admeira in unterschiedlichem Ausmass Kurzarbeit eingeführt. Im Ausland sind die behördlichen Vorgaben andere, aber auch hier sind verschiedene unserer Gesellschaften im Kurzarbeit-Modus. Zudem haben wir für gewisse Supportbereiche des Mutterhauses Kurzarbeit angemeldet.

»

Die vom Verlegerverband geforderte «Soforthilfe» für Medien durch den 
Bund ist vorerst gescheitert. Wie beurteilt Ringier diesen Entscheid des 
Bundesrates in der aktuellen Situation?
Ladina Heimgartner: «Der Bundesrat hat derzeit eine Vielzahl komplexer Fragen und Anträge auf dem Tisch. Ich persönlich finde, der Bundesrat macht in der Bewältigung der Coronakrise einen guten Job. Nichtsdestotrotz: Die Presse befindet sich in einer krass paradoxen Situation. Selten wurden die Zeitungen und Zeitschriften online und auf Papier derart genutzt, nie war die finanzielle Situation so dramatisch wie jetzt. Aufgrund des massiven Ausfalls von Werbegeldern verschärft sich die an sich schon schwierige Situation der Medienhäuser zusätzlich.

»

Bei der SRG haben Sie als stellvertretende Generaldirektorin erfolgreich gegen die
«No Billag»-Initiative gekämpft. Gehört es zu Ihren Aufgaben, in der
 aktuellen Situation bei Ringier für eine höhere Presseförderung zu 
lobbyieren?
Heimgartner: «Im Grunde handelt es sich um zwei Kapitel ein- und desselben Buches: Medienvielfalt ist wichtig für eine direkte Demokratie wie die Schweiz. Es braucht die journalistische Vertiefung einer NZZ, aber auch die einfache, direkte Information eines 'Blick', das Menschliche einer 'Schweizer Illustrierten', das 'Fadengrade' von 'watson' oder die umfassenden, verbindenden Programme von SRF – um einmal nur in der Deutschschweiz zu bleiben. Sie alle zusammen reflektieren die Schweiz in ihrem Facettenreichtum. Um die Frage also zu beantworten: Ja – ich habe mich gegen No Billag engagiert und ich engagiere mich jetzt auch für eine höhere indirekte Presseförderung.»


In Ihrer Funktion leiten Sie bei Ringier auch strategische Projekte.
 Welches sind die wichtigsten Vorhaben, an denen Sie derzeit arbeiten? Heimgartner: «
Im Moment dominiert Corona, im Besonderen die Frage, wie wir schrittweise wieder den Büroalltag aufnehmen werden, und welche Schutzmassnahmen flankierend nötig sind.»


Zum Schluss: Wie sehen Ihre Pläne aus für den Moment, wenn Sie vom
 Krisenmodus auf Normalbetrieb schalten können?
Ladina Heimgartner: «Ich bin zuversichtlich, dass wir uns der Normalität bald wieder schrittweise annähern werden. Bis in allen unseren Tochtergesellschaften, in allen 19 Ländern, aber tatsächlich wieder Normalbetrieb herrscht, wird es wohl noch einige Monate dauern. Danach wird es primär darum gehen, möglichst rasch an die Erfolge der letzten Jahre anzuknüpfen. Ein kleiner persönlicher Plan: Ich habe meinem Team versprochen, alle zum Spaghetti-Essen einzuladen, wenn es wieder OK ist, in grösseren Gruppen zusammenzusitzen. Auf den «zwischenmenschlichen Normalbetrieb» freue ich mich am allermeisten, ich schätze ihn nun mehr denn je.»