«10vor10» berichtete über ein Musikvideo, in dem die deutsche Rockband Rammstein mit einer KZ-Szene provoziert. Eine jüdische Zuschauerin kritisierte, SRF habe mit seiner Berichterstattung mitgeholfen, den Holocaust zu verharmlosen.
Anlass für den «10vor10»-Bericht war das Konzert, das die 25-jährige Band am 5. Juni 2019 im Stade de Suisse in Bern gab. In dem im März veröffentlichten Video-Clip zum neuen Song «Deutschland» sind die Bandmitglieder als KZ-Häftlinge zu sehen, am Galgen stehend und mit einem Strick um den Hals. Mit dieser Provokation löste die Band heftige Diskussionen aus.
Eine Jüdin und Zeitzeugin des Zweiten Weltkrieges beanstandete die Sendung bei der Ombudsstelle. Sie fühle sich durch die «zynische Verwendung von Kostümen aus der Nazizeit» persönlich verletzt.
Die Rockband habe nur Aufsehen erregen wollen. Den Holocaust für solch eigensüchtigen Ziele zu missbrauchen, zeuge von einer «schäbigen Gesinnung».
Und es sei «sicher nicht die Aufgabe eines Schweizer Senders, dabei zu helfen». SRF habe mitgeholfen, das unermessliche Leid zu verharmlosen.
Zwar geniesse eine Band wie Rammstein Kunstfreiheit, doch gebe es Themen, die sich selbst als Provokation verbieten würden, schreibt Ombudsmann Roger Blum in seiner Stellungnahme.
Dazu gehöre der Holocaust. Es sei unerträglich, wenn er instrumentalisiert werde. Blum hält das Video-Clip ebenfalls für unerträglich.
Doch es gehöre zur Aufgabe der Medien, auch über «Widerwärtiges» zu berichten. Beim Berner Rammstein-Konzert hätte es gute Gründe gegeben, darüber zu berichten: Das Konzert sei ein Publikumsmagnet gewesen, die Medien hätten über die Anziehungskraft der Band berichtet.
Zudem sei die Provokation mit der KZ-Szene Anlass für die Medien gewesen, das Konzertprogramm von Rammstein kritisch zu beleuchten.
Man kann laut Blum daher «10vor10» nicht den Vorwurf machen, dass es berichtet hat. Man kann höchstens den Vorwurf erheben, dass die Berichterstattung zu wenig kritisch war.
«Das wiederum finde ich aber nicht. Die Botschaft war klar: Rammstein geht zu weit!» «10vor10» habe seine Berichterstattungspflicht erfüllt und seine Kritik- und Kontrollfunktion wahrgenommen.
«Moralisch haben Sie völlig recht», antwortete Roger Blum der 91-jährigen Beanstanderin. «Aber formal kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen, da ‘10vor10’ nur der kritische Bote des Unerhörten war, nicht der Verursacher.»