Die NZZ verkauft zu wenig Anzeigen, dafür zu viele der eigenen Liegenschaften. So lautet die zusammengefasste Kritik an der Verkaufsstrategie der NZZ, die ehemalige NZZ-Mitarbeiter anlässlich der Generalversammlung mit einem Flugblatt kundgetan haben.
Nachdem Markus Somm als Chefredaktor vorgeschlagen worden sei, habe ein Inserent das Budget halbiert, ein weiterer Inserent habe aufgrund der schlechten Präsentation sein Budget zusammengestrichen, berichtet Jürg Dedial dem Klein Report.
NZZ-CEO Veit Dengler kommt dagegen zu einem positiven Schluss: «Wir konnten den Rückgang im Werbemarkt auf -2% bremsen und entwickelten uns damit wesentlich besser als noch im Vorjahr und sogar besser als der Restmarkt», sagte er dem Klein Report. Die «NZZ am Sonntag» habe 2014 erstmals mehr bezahlte Inserate als der «Sonntagsblick», die «SonntagsZeitung» und alle anderen Sonntagszeitungen erreicht.
«Das Werbeumfeld ist anspruchsvoll und wird weiterhin anspruchsvoll bleiben. Wir haben aber die Weichen richtig gestellt», versprüht er Optimismus.
Jürg Dedial dagegen poltert: «Wenn Sie hören, dass im Laufe eines Jahres acht von zehn Mitgliedern des Verkaufsdienstes den Job quittiert haben, wird schon etwas faul in der Führung sein. Man kann eben auch hier nicht einfach Leute einsetzen, die von der Sache nichts verstehen und mit den schweizerischen Gepflogenheiten nicht vertraut sind.»
Konkret äussert sich CEO Veit Dengler nicht zu den Zahlen der Mitarbeiter, die gegangen sind. Er relativiert stattdessen: «Seit Anfang 2015 vermarkten wir unsere Medien wieder selbst. Wir haben über 100 Mitarbeitende von Publicitas übernommen. Wir haben sehr viel verändert, die Kundenkontakte intensiviert, das Tempo stark gesteigert. Mit diesen Veränderungen hat sich auch das Anforderungsprofil an die Mitarbeitenden verändert. Das hat naturgemäss zu personellen Veränderungen geführt. Allerdings sprechen wir hier von einem kleinen Anteil der Belegschaft.»
Um den Anzeigenverkauf anzukurbeln, hätte die neue Werbeverkaufs-Leiterin und ihr Team im letzten Jahr im Rahmen der Wiedereingliederung des Werbeverkaufs in die NZZ-Mediengruppe damit begonnen, eine neue Verkaufsstrategie zu entwickeln, eine neue Organisation zu bauen, ein neues Provisionssystem zu entwerfen und eine viel engere Beziehung zu unseren Kunden aufzubauen.
Das Gegenteil von mangelhaftem Verkauf attestieren die sechs Verfasser des Flugblattes der NZZ allerdings in Bezug auf die Liegenschaften. So etwa den Verkauf der Liegenschaft an der Mühlebachstrasse, die an SwissLife ging. «Man hätte es bestens vermieten können, wie auch andere Liegenschaften», so Dedial.
Den Grund für den Verkauf sieht er darin, dass die NZZ Geld brauchte. «Denn durch die Liquidation der Druckerei in Schlieren werden über 120 Leute entlassen, deren Sozialpläne dadurch finanziert werden sollen», behauptet er. «Zu erwähnen ist noch, dass die Vorgängerregierung Stäheli sämtliche Auslandimmobilien, in denen die Korrespondenten wohnten, zwecks solcher Bilanzaufbesserungen verhökert hat.»
«Dass man nur die besten Korrespondenten erhält, wenn sie auch angemessen wohnen und repräsentieren können - das passt nicht in ein McKinsey-Hirn. Dass man aber stets von Premium-Produkten schwadroniert, die man gleichzeitig aushöhlt, schon eher.»
NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod verteidigt dagegen den Verkauf der Liegenschaften. «Der Verkauf dieser Immobilien, die wir nicht mehr nutzen, war strategisch ein absolut richtiger Entscheid. Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft. Das ist die Publizistik, nicht das Immobiliengeschäft», so Jornod gegenüber dem Klein Report.
Auch für die Zukunft will er den Verkauf von Immobilien nicht ausschliessen. «Wir halten diejenigen Liegenschaften, die wir nutzen und trennen uns von denjenigen Liegenschaften, die wir nicht nutzen.»
Jürg Dedial ist dagegen der Meinung, dass sich der Verkauf der Liegenschaften vor allem für die Führungsetage ausbezahlt habe. «Mit dem Verkaufserlös von Schlieren kann man dann ein schönes Aktivum in die Bilanz einbringen und für irgendwelche nebulösen Projekte ausgeben», so Dedial. «Allerdings erst, nachdem die fetten `Vergütungen` dank der guten Bilanz ein bisschen aufgebessert worden sind.»
Die «Entschädigungen» und «Bonusabgrenzungen» der oberen Kader seien im vergangenen Jahr um 22 Prozent angestiegen. Etienne Jornod korrigiert die Zahl nicht, relativiert diese aber: «Wir haben die durchschnittliche Entlohnung gesenkt. Was sich geändert hat, ist lediglich die Zusammensetzung der Unternehmensleitung: Wir haben zusätzliche Kaderfunktionen in die Unternehmensleitung integriert.»