Der Zürcher Bruno Sauter, heute Fachmann für Unternehmenskommunikation, sitzt auf der Anklagebank. Die kantonale Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) wirft ihrem früheren Angestellten Unterschlagung vor und hat Strafanzeige eingereicht.
Sauter, ehemaliger Chef des Amts für Wirtschaft und Arbeit im Kanton Zürich (AWA), soll Honorare unterschlagen haben. Dabei geht es um Verbandsmandate, die der Beschuldigte zusätzlich zu seinem normalen Arbeitspensum ausführen musste.
Eines dieser Ämter war das Präsidium des Verbands Schweizerischer Arbeitsmarktbehörden (VSAA), das er auf ausdrücklichen Wunsch von Regierungsrat Ernst Stocker (SVP) übernommen hatte, ein anderes ein Engagement bei Zürich Tourismus. Die vermeintliche Schadenssumme soll 80‘000 Franken betragen.
Während Sauter, der heute als Parteiloser in der Zürcher Gemeinde Maur als Mitglied der Rechnungsprüfungskommission und Präsident des Gewerbevereins politisch weiterhin aktiv ist, gegenüber dem Klein Report keine Stellung nehmen will und auf das laufende Verfahren verweist, ergeben Recherchen im Umfeld des Zürcher Volkswirtschaftsdepartements ein differenziertes Bild.
Obwohl sich öffentlich niemand äussert, werden die Vorwürfe gegen Sauter weitgehend entkräftet: Im Falle des Engagements beim VSAA habe während Sauters Tätigkeit die Arbeitslosenkasse den vollen Lohn des Chefbeamten beim AWA bezahlt, und während seiner Tätigkeit bei Zürich Tourismus verzichtete Sauter darauf, dem Kanton Stunden und Reisespesen zu verrechnen. Zürich Tourismus ist also faktisch für den Mehraufwand des Beamten aufgekommen. Dem Kanton entstand kein finanzieller Schaden.
Weshalb aber erstattet Carmen Walker Späh ausgerechnet jetzt Anzeige – also rund fünf Jahre nach Sauters Absetzung unter bis heute nicht geklärten Umständen?
In der Zürcher Politik wird hinter vorgehaltener Hand von einer persönlichen Abrechnung und Hexenjagd gesprochen. Es gehe um verletzten Stolz und einen gewissen Futterneid. Walker Späh habe sich mit dem forschen und selbstbewussten Auftreten Sauters immer schwer getan. Es sei ihr nicht leicht gefallen, das Scheinwerferlicht mit einem Untergebenen zu teilen.
Die langjährige Regierungsrätin Rita Fuhrer (SVP), im Volkswirtschaftsamt eine Vorgängerin von Walker Späh und jene Frau, die Sauter einst eingestellt hatte, kann zu den konkreten Vorwürfen nichts sagen. Grundsätzlich bricht sie aber eine Lanze im Gespräch mit dem Klein Report für Sauter: «Wir hatten immer einen offenen und konstruktiven Austausch – auch über Mandate und zusätzliche Honorare. Ich hatte nie das Gefühl, dass etwas nicht ehrlich deklariert war.»
Die Geschichte, dass Bruno Sauter auf eigene Initiative Visitenkarten habe drucken lassen und sich selber zum «Deputy Minister» befördert habe, entkräftet sie: «Ich persönlich habe dies für unsere Visitenkarten in englischer Sprache angeregt. Denn im Ausland war oft nicht klar, welche Rolle wer spielt. Der Titel Amtschef wird im Ausland oft gar nicht oder missverstanden.»
Doch noch wichtiger ist wohl: Fuhrer brachte Sauter Vertrauen und Goodwill entgegen, arbeitete auf Augenhöhe mit ihm zusammen und gewährte ihm auch medialen Auslauf. So durfte Sauter regelmässig Interviews geben – und konnte sich auch damit profilieren, bei der Lancierung der Zürcher Niederlassung von Google eine Schlüsselrolle gespielt zu haben.
Dies alles handhabte Carmen Walker Späh weniger entspannt. Deshalb kommt es nun zu einem Gerichtsfall, bei dem der schlimmste Ausgang droht. Es könnte nur Verlierer(innen) geben.