Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat in der «Tagesschau» nicht sachgerecht über eine Nationalratsdebatte zum Thema Kohäsionsmilliarde berichtet. Die Argumente der politischen Mehrheit wurden glatt ausgeblendet, kritisiert der Ombudsmann.
In seinem Schlussbericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, geht es um den «Tagesschau»-Beitrag «Ja zur Kohäsionsmilliarde - aber nicht ohne Bedingungen» vom 3. Dezember 2019.
Der Fokus dieser Sendung lag auf einer Debatte im Nationalrat: Die Mehrheit der Politikerinnen und Politiker stimmte in der grossen Kammer gleichentags zu, dass die Schweiz nur dann eine weitere Kohäsionsmilliarde an die EU zahlen soll, wenn im Gegenzug die Börsenäquivalenz wieder anerkannt wird.
In der «Tagesschau» wurden Voten von der grünen Sibel Arslan und der grünliberalen Tiana Angelina Moser eingespielt. Stimmen aus den Reihen von SVP, FDP und CVP suchte ein Zuschauer im Beitrag vergeblich, weshalb er die unausgewogene Berichterstattung beanstandete.
Vor dem Ombudsmann verteidigten Regula Messerli, Redaktionsleiterin der «Tagesschau», und Corinne Stöckli, Fachspezialistin SRF, die Zusammenstellung des kritisierten «Tagesschau»-Beitrags.
Ein kurzer Fernsehbeitrag müsse notgedrungen auf einzelne Aspekte eines Themas fokussieren, schreiben sie in ihrer Stellungnahme. Das habe die Redaktion gemacht, indem die Börsenäquivalenz als Bedingung für die Kohäsionsmilliarde unter die Lupe genommen wurde.
Sibel Arslan und Tiana Angelina Moser würden die Debatte im Nationalrat gut abbilden, so die Ansicht der SRF-Verantwortlichen: Moser stehe kritisch zur Anknüpfung der Kohäsionsmilliarde an die Börsenäquivalenz und gehöre damit zur Ratsminderheit. Arslan hingegen sei mit ihrer Ansicht der Ratsmehrheit zuzuordnen. Sowohl das Pro- als auch das Kontra-Lager seien ausreichend abgebildet worden.
Doch SRF-Ombudsmann Roger Blum erteilte den Sendungsmachern in seinem Schlussbericht eine politische Lehrstunde: Die Behauptung, dass Sibel Arslan für die Anknüpfung der Kohäsionsmilliarde an ein Druckmittel sei und Tiana Moser dagegen, sei schlicht «falsch».
SRF habe die politischen Lager nicht richtig eingeordnet und deshalb in der «Tagesschau» zwei Rednerinnen der Minderheit auftreten lassen, die in der nationalrätlichen Abstimmung mit 110 zu 86 Stimmen unterlegen war.
«Nicht nur die SVP kam nicht zum Zug, die (bürgerliche) Mehrheit kam überhaupt nicht zum Zug», lautet das Fazit von Roger Blum.