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Sonntag
18.11.2018

Medien / Publizistik

Subventionen auch über 100'000er Auflage

Subventionen auch über 100'000er Auflage

Weihnachten steht vor der Tür und nach der Vernehmlassung geht der Bundesrat an die Ausarbeitung der Botschaft zu einem neuen Bundesgesetz über elektronische Medien (BGeM).

«Eine Vielzahl von Vorschlägen» sei formuliert worden, berichtet der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 14. November. Einer davon ist jener von Bernhard Guhl von der Bürgerlich-Demokratischen Partei Schweiz (BDP). Der Nationalrat weibelt für den Kanton Aargau und will wissen, wie es um eine «Verbesserung» der indirekten Presseförderung stehe und welche Möglichkeiten der Bundesrat sehe, die digitalen Plattformen der Tages- und Lokalzeitungen «zu stärken oder zumindest zu stabilisieren». Der Klein Report berichtete.

Unter den acht Punkten der eingereichten Interpellation von Bernhard Guhl sind die Punkte 3 und 4 interessant und haben am Samstag eine Nachdoppelung durch den Aargauer Verleger Peter Wanner in seiner eigenen Zeitung «Schweiz am Wochenende» erfahren.

Die Guhl-Anfrage «Ist die Kopfblattgrenze von 100`000 Exemplaren noch zeitgemäss?» beantwortet Peter Wanner, der seit dem 1. Oktober 2018 mit seinen AZ-Medien in einem Joint Venture mit den NZZ-Regionalmedien gemeinsam am Markt auftritt, in Richtung Bundesrat: «Die heutige Auflagen-Begrenzung auf 100`000 Exemplare ist nicht mehr zeitgemäss.»

Und auf die dritte Frage der Interpellation des BDP-Nationalrats, «Wie steht der Bundesrat grundsätzlich zur Idee, die indirekte Presseförderung zeitnah zu evaluieren und zu verbessern?», sagt Peter Wanner im eigenen Blatt, wo er auch gleich die bereits bestehende indirekte Presseförderung von 30 Millionen Franken aufgestockt sehen will: Der Betrag müsse «als Soforthilfe» auf 100 Millionen Franken erhöht werden. Der Bundesrat unterschätze die «dramatische Lage der meisten Regionalmedien».

In seiner Hauszeitung «Schweiz am Wochenende», in der Peter Wanner bereits als «CH-Media-Verleger» betitelt wird, plädiert er vehement für die Förderung von grösseren Auflagen - alles über 100`000 Exemplare. Wörtlich: «Weiter fordert Wanner, es müssten alle Regionalzeitungen von der indirekten Presseförderung profitieren können, also auch solche, die im überregionalen Bereich kooperieren (sogenannte Kopfblätter). Diese gehen heute leer aus.»

Auch BDP-Nationalrat Bernhard Guhl darf sich in der «Schweiz am Wochenende» äussern und zeigt sich enttäuscht über die «Schlüsse, die der Bundesrat ziehe», so die Zeitung bezüglich der Abbaumeldungen bei der «SDA und Tamedia, der `TagesWoche` und CH Media». Der Bundesrat «sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf», heisst es in der Wochenendausgabe.

Bernhard Guhl sei enttäuscht: «Leider zeigt der Bundesrat in keiner Weise auf, wie die regionale Berichterstattung, die für unsere Demokratie zentral ist, erhalten werden kann.»

Dieser «unmittelbare Handlungsbedarf», was die Strukturbereinigung betrifft, läuft aber schon seit den Nuller-Jahren, fügt der Klein Report an. Da ist die Bekanntgabe des Joint Ventures CH Media vom 15. November, 200 Vollzeitstellen abzubauen, eine Konsequenz der Marktsituation.

Über zwei Jahre sollen bei CH Media unternehmensweit die Kosten um zehn Prozent und damit um circa 45 Millionen Franken gesenkt werden. Dieses Integrationsprogramm bilde die Grundlage für die «Zusammenführung der beiden Unternehmen AZ Medien und NZZ-Regionalmedien», hiess es von Verlagsseite. Und so kommunizierte es CEO Axel Wüstmann auf allen Wanner- und SRG-Kanälen: Effizienzsteigerung und Synergien nutzen sei angesagt.

Vielleicht ist es jetzt - zwar etwas verspätet - mal angezeigt, in den oberen Verlagsetagen Effizienz und Kostenmanagement walten zu lassen, findet der Klein Report. Nicht nur bei den NZZ-Regionalmedien, auch beim Hauptblatt «Neue Zürcher Zeitung», wo Journalisten seit Langem eine monetäre Zweiklassen-Gesellschaft beklagen. Dito bei der über Jahre aufgeblähten AZ Medien, es konnte nichts gross und wichtig genug sein.

Neben CH Media als «dritte Kraft» im sich weiter konsolidierenden Markt erdrückt aber auch die SRG als Defacto-Monopolistin im publizistischen und Vermarktungsbereich mit Admeira (SRG/Swisscom/Ringier) die Mitbewerber. Und so zeigt sich im «Medienmonitor Schweiz» von Mitte November bereits die «mediale Meinungsmacht» (48 Prozent), die in den Händen der SRG und des Zürcher Medienkonzerns Tamedia liege. «In vielen Räumen formiert sich ein `Duopol` mit der SRG und Tamedia», analysiert die Studie im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom).

Ob es da sinnvoll ist, den bestehenden Druck auf das feingliedrige mediale Ökosystem weiterzureichen auf die vielen kleinen publizistischen Medienprodukte, die oft schon von der indirekten Presseförderung profitieren? Dass diese durch die gewünschte Erhöhung von 30 auf 100 Millionen Franken vielleicht auch etwas abbekämen, ist eher ein Scheinargument.

Eigentlich sollte es um Medienvielfalt gehen, darum, diese zu fördern oder zu erhalten. Tatsache ist aber, dass sich grossmehrheitlich die Medienanbieter schon seit Längerem in ihren publizistischen Ideen auf das vorliegende Bundesgesetz über elektronische Medien ausrichten und anpassen, um vielleicht etwas Geld zu erhalten - eine Pervertierung des Subventionsgedankens.

Lassen wir dem Bundesrat in seiner Stellungnahme das letzte Wort, der «innerhalb des existierenden verfassungsrechtlichen Rahmens» mögliche Massnahmen prüft.

«Eine wesentliche Motivation zur Teilrevision des Postgesetzes im Jahre 2007 bestand in der Änderung des Förderkonzepts der Printmedien, so dass nicht mehr alle Zeitungen, sondern nur noch gezielt die kleinauflagigen Titel gefördert werden. Diese Idee wurde auch in der Totalrevision des Postgesetzes im Jahre 2010 beibehalten», heisst es unter anderem in der Stellungnahme. «Der Gesetzgeber hat denn auch die regionalen Printmedien stets als wichtigen Bestandteil der Medienvielfalt und der Meinungsbildung angesehen.»

Am 16. Juni 2016 habe das Parlament die Motion Bulliard-Marbach angenommen, «die den Bundesrat zur Beibehaltung der indirekten Presseförderung verpflichtet, solange keine glaubwürdige Alternative gefunden ist». Das heutige System zur Förderung der kleinauflagigen Titel sei «grundsätzlich immer noch geeignet», macht der Bundesrat klar. «Aktuell sind daher keine Anpassungen an die in Artikel 16 Postgesetz festgelegten Kriterien und die Höhe der Förderbeiträge vorgesehen.»

Nationalrat Bernhard Guhl fragte den Bundesrat weiter: «Wäre es nicht angebracht, die indirekte Presseförderung dort auszurichten, wo eine Regionalredaktion unterhalten und lokal in journalistische Qualität investiert wird?»

Antwort des Bundesrats: «Die Regional- und Lokalpresse wird gegenwärtig mittels der indirekten Förderung in Form von Ermässigungen auf den Zustellpreisen der Post unterstützt. Die Erläuterungen zur Postverordnung vom 29. August 2012 definieren den regionalen bzw. lokalen Charakter dabei nicht nach geografischen, sprachlichen oder inhaltlichen Kriterien in Bezug auf das Presseerzeugnis, sondern einzig anhand der in der Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen. In diesem Sinne erscheint eine Differenzierung der indirekten Förderung nach Titeln mit einer eigenen Regionalredaktion, welche für die ganze Zeitung verantwortlich ist, sowie nach Titeln mit Mantelteilen als nicht sachgerecht.»

Eine Finanzierung von Redaktionen, die in den Regionen angesiedelt seien und bei denen lokal in journalistische Qualität investiert werde, komme «eher einer direkten Presseförderung nahe», so das Gremium, «da die Printmedien - etwa im Rahmen von Leistungsvereinbarungen - direkt für Strukturen abgegolten würden».

Und weiter: «Dies würde eine entsprechende Verfassungsgrundlage voraussetzen. Das Parlament hat sich in der Vergangenheit jedoch mehrfach gegen eine direkte Förderung der Printmedien ausgesprochen.»