Am 24. Januar hat «Kassensturz» über den tragischen Fall eines 76-jährigen dementen Kurt Müller berichtet. Wenige Stunden nach seinem Eintritt in die psychiatrische Klinik St. Urban wurde er in ein Isolationszimmer gebracht und muss elf Tage lang dort bleiben. Seine Gesundheit litt erheblich.
Ein Zuschauer empfand den Bericht als «allgemein einseitig» und «tendenziös». «Der Bericht ist so strukturiert, dass beim Zuschauer der Eindruck entsteht, die psychiatrische Behandlung sei im Widerspruch zu ärztlichen Standards erfolgt und/oder habe den erlittenen Schlaganfall des Patienten kausal beeinflusst. Hierzu stützt sich der Beitrag auf Mutmassungen eines offensichtlich nicht mit dem Fall betrauten, pensionierten Arztes ohne konkrete Dossierkentnisse, welcher vorbehaltlos apodiktische Aussagen zu wissenschaftlich-empirisch nicht erstellten Fakten macht», schrieb der Zuschauer in seiner Beanstandung des Berichts.
Auch an den Vorher-Nachher-Bildern des Patienten störte er sich. Damit habe die «Kassensturz»-Redaktoin den Eindruck erwecken wollen, «der verschlechterte Gesundheitszustand des Patienten sei auf den Aufenthalt in der Psychiatrie zurückzuführen, wobei der Schlaganfall bewusst in den Hintergrund gerückt wird».
Die Redaktion verteidigte sich damit, dass für die Zuschauerinnen und Zuschauer ersichtlich gewesen sei, wie die Behandlung von Kurt Müller abgelaufen ist, wie die Angehörigen sie wahrgenommen haben und was dazu dokumentiert ist. Ebenso werde klar, dass seitens Fachexperten Kritik an der Art der Behandlung in der Klinik geübt werde.
Die Nacherzählung stützte sich laut Redaktorin auf den 71-seitigen Behandlungsrapport sowie den Austrittsbericht des Spitals.
Die betroffene psychiatrische Klinik ist gemäss Redaktion mehrfach für eine Stellungnahme angefragt worden. Sie habe sich jedoch trotz Entbindung von der Schweigepflicht nicht zum Fall äussern wollen, obwohl sie wusste, dass aus dem Rapport zitiert wird.
Die Ombudsstelle erachtete den «Kassensturz»-Bericht in ihrer Stellungnahme als schlüssig. Der Arzt Max Giger sei sehr wohl mit dem Fall betraut gewesen.
Dass die psychiatrische Behandlung nicht den medizinischen Standards enspreche, werde nicht nur durch Max Giger bestätigt, sondern auch durch Markus Leser, Geschäftsführer des Branchenverbands Curaviva Schweiz und Mitglied (ehemaliger Präsident) der Schweizerischen Gesellschaft für Gerontologie.
Dieser wurde im Anschluss an die Reportage befragt, das Interview war Bestandteil des Berichts über den Demenzerkrankten.
Gemäss den Ombudsleuten ist der «Kassensturz»-Bericht alles andere als «allgemein einseitig und tendenziös».