Was darf die SRG im geplanten Joint Venture mit der Swisscom und dem Ringier-Verlag und was darf sie nicht? Der Verband Schweizer Medien (VSM) will «endlich eine konstruktive Diskussion». Das sagt Pietro Supino, Vizepräsident des Verlegerverbandes und VR-Präsident der Tamedia AG, am Dienstag an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz des Verbandes zum Thema «Geplantes Joint Venture: VSM fordert Marschhalt und Prüfung alternativer Modelle».
Andreas Häuptli, Geschäftsführer des VSM ad interim, begrüsste etwa 40 Journalisten und Gäste aus der Medienbranche im Restaurant «Au Premier» beim Zürcher Hauptbahnhof. Am Tisch der Redner sassen neben Pietro Supino auch Hanspeter Lebrument, Verbandspräsident und Verleger der Somedia AG, sowie Gilbert A. Bühler, Präsidiumsmitglied des Verbandes und CEO der Freiburger Nachrichten AG.
Bereits im Vorfeld der Pressekonferenz wurde die Firma Polynomics damit beauftragt, die polit-ökonomischen Auswirkungen des geplanten Joint Ventures zu beurteilen. Patrick Zenhäusern, Bereichsleiter Verkehr und Kommunikation bei Polynomics, präsentierte den Gästen seine Einschätzungen.
«Dieses Joint Venture bewegt sich in einem hoch kompetitiven Bereich ohne Marktversagen. Hier gibt es nichts zu korrigieren. Warum also soll der Staat in diesem Bereich tätig werden?», fragt sich Zenhäusern und lanciert damit die politische Diskussion. Die Untersuchungen von Polynomics zeigen, dass das geplante Unterfangen auch medien- und ordnungspolitische Bedenken aufwirft. Eine der Kernfragen ist dabei auch der Umgang öffentlicher Unternehmen mit individuellen Nutzerdaten. Zenhäusern wirft die nächste Frage auf: «Darf die SRG mit diesen Daten handeln, darf die SRG diese verkaufen?»
Der VSM möchte sich an dieser hoch politischen Diskussion gerne beteiligen. Medienministerin Doris Leuthard hat den Verband so auch aufgefordert, sich im laufenden Bakom-Verfahren «einzubringen». Gleichzeitig sei die «Parteistellung des VSM in diesem Verfahren bis heute nicht anerkannt», so der ehemalige Anwalt Supino. Ein klarer Widerspruch zur Forderung von Leuthard, denn dadurch fehlt dem VSM auch die Akteneinsicht und damit die sachliche Grundlage für eine politische Diskussion.
Auch ohne Akteneinsicht konstatiert Pietro Supino aus rechtlicher Sicht eine Umgehung des Werbeverbots der SRG «im doppelten Sinne». Denn einerseits wäre die SRG über das Joint Venture direkt an der Online-Werbung beteiligt - trotz gesetzlichem Verbot. Andererseits sei «auch die individualisierte TV-Werbung eigentlich Online-Werbung. Ob `digital` oder `online`, das ist eigentlich dasselbe», so Supino. Auf jeden Fall handle es sich dabei um eine neue Form der Werbung, die so im RTVG nicht vorgesehen sei und die somit der SRG nicht offenstünde.
«Wir sind dagegen, dass eine quantitative und qualitative Ausweitung der Werbung durch die SRG stattfindet», positioniert der Tamedia-Chef den Verband. Sollte das Bakom das Unterfangen dennoch durchwinken, soll es «wenigstens Auflagen» geben. Die SRG solle die Privaten nicht konkurrieren, sondern ein komplementäres Angebot liefern. Doch genau das Erstere passiere momentan. «Die Bedingungen für Private werden verschlechtert. Das führt zu einem Anschlusszwang beim Joint Venture», sagt Supino.
Noch deutlicher drückt Gilbert A. Bühler, CEO der «Freiburger Nachrichten», seine Bedenken bezüglich des Joint Ventures aus: «Es droht, uns die existenzielle Grundlage unter den Füssen wegzuziehen», findet er klare Worte. Die Folgen davon wären verheerend, denn Leistungen, die durch private, regionale Medienhäuser erbracht werden, würden so komplett und ersatzlos wegfallen. «Im Regionalen machen wird den Service Public», stellt Bühler klar.
Um diesen Worst Case noch verhindern zu können, braucht es gemäss Lebrument einen «Marschhalt, bevor mit dem Werbevermarktungs-Joint-Venture Fakten geschaffen werden und die Medienvielfalt in der Schweiz gefährdet wird». Medienministerin Doris Leuthard habe ihm gesagt, «es sei alles gestoppt».