Nachdem das UVEK am Montag der SRG ohne Auflagen erlaubt hat, an der Werbeallianz mit Swisscom und Ringier teilzunehmen, macht das Joint-Venture sich nun betriebsbereit: In einem ersten Schritt auferlegte sich das Joint-Venture am Donnerstag «Grundsätze für die gemeinsame Werbevermarktung». «Der Entscheid des UVEK ist noch nicht rechtskräftig», erinnert hingegen der Verband Schweizer Medien (VSM) in einer ersten Stellungnahme.
«Das neue Unternehmen hat zum Ziel, den Werbe- und Medienmarkt Schweiz insgesamt zu stärken. Aus diesem Grund haben die CEO der drei Firmen Marc Walder, Ringier, Roger de Weck, SRG und Urs Schaeppi, Swisscom die folgenden Grundsätze des Joint-Venture für die gemeinsame Werbevermarktung festgelegt», so wird die eigene gemeinsame Mitteilung von SRG, Swisscom und Ringier etwas selbstherrlich eingeleitet.
Bereits bei dieser vagen Zielangabe stellen sich Fragen und so meldet sich in einer ersten Reaktion der Verband Schweizer Medien (VSM), der die angegebenen Ziele sehr kritisch hinterfragt.
Die einzelnen Punkte im Detail: Erstens sei das JV offen für alle Medienangebote. «Das JV ist offen, alle journalistischen Angebote in den Vektoren TV, Radio, Online und Print, die sich an ein Schweizer Publikum richten, zu vermarkten», heisst es hier. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine scheinbare Offenheit: «Es gibt keinen diskriminierungsfreien Zugang für unabhängige Medienanbieter. Eine Beteiligung am Joint-Venture ist ausgeschlossen, möglich sind lediglich Kundenverhältnisse gegen eine Vermittlungskommission», schreibt denn auch der VSM.
Weiter geht es im zweiten Punkt unter «offener Zugang zu Targeting Insights». Das JV werde diese beim Vermarkten des Inventars von kommerziellen Partnern und Mitaktionären gleichwertig einsetzen, auf der Gegenseite «müssen Mitaktionäre und kommerzielle Partner dem JV die Targeting Insights der mit zielgerichteter Werbung zu vermarktenden Inventare zu gleichwertigen Konditionen zur Verfügung stellen». Auch hier liegt für den VSM der Hund an einem anderen Ort begraben. «Das geplante Werbevermarktungs-Joint-Venture will die Daten der staatlich kontrollierten Swisscom nicht nur für die Vermarktung der mit Gebühren erstellten Inhalte der SRG nutzen, sondern auch Drittkunden anwerben», schreibt man dazu.
Als drittes folgt der Punkt «hoher Stellenwert für den Datenschutz». «Im Zweifelsfall holt das JV oder ein Mitaktionär die Beurteilung des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten ein», heisst es dazu. Punkt vier verspricht weiter «marktkonforme Kommissionssätze und Preisgestaltung». «Die Preisgestaltung aller Inventare richtet sich nach der jeweiligen Marktsituation und der jeweils vereinbarten Preispolitik», schreibt das Joint Venture lapidar.
Es folgen weitere «Grundsätze», die eigentlich selbstverständlich sein sollten, wie unter Punkt fünf «Wahrung der Geschäftsgeheimnisse» oder Punkt acht «Berichterstattung auf Verlangen des BAKOM»: Dazu ist die SRG nämlich gemäss der jüngsten Verfügung verpflichtet. Punkt sechs verspricht zusätzlich «keine regionalen Werbekampagnen im TV-Programm der SRG SSR».
Als vorletzter «Grundsatz» folgt Punkt neun, die «jährliche Berichterstattung über zielgerichtete TV-Werbung im SRG-Programm». Dazu bemerkt der VSM, dass «für das Kernprodukt des Joint-Ventures, namentlich zielgerichtete Werbung in den Programmen der SRG, die rechtliche Grundlage fehlt». Die SRG darf gemäss Bakom-Entscheid nämlich gar keine zielgerichtete Werbung ausstrahlen. «Ob der SRG trotz des geltenden Online-Werbeverbots neue Formen der Kommerzialisierung erlaubt werden sollen, muss aus Sicht des Verbandes Schweizer Medien das Parlament beurteilen, bevor der Bundesrat über ein Konzessionsänderungsanspruchsgesuch entscheiden kann.»
Abgeschlossen wird die Aufzählung mit Punkt zehn, «Jährliche Branchenkonferenz über zielgerichtete TV-Werbung». Ziel der Veranstaltung sei ein «Wissenstransfer vom JV auf die Branche und innerhalb der Branche». Auch hierin zeigt sich die Problematik des gesamten Unterfangens. «Übertragen die unabhängigen Schweizer Medienunternehmen dem marktdominierenden Joint-Venture die Vermarktung ihrer Werbeplätze und die Produktentwicklung, begeben sie sich in eine strategische Abhängigkeit von Swisscom, SRG und Ringier», mahnt der VSM. «Die Vermarktung eines wesentlichen Teils des Schweizer Werbeinventars durch staatlich kontrollierte Unternehmen führt zu einer massiven Medienkonzentration und einem Verlust der Medienvielfalt in der Schweiz.»