An einem firmeninternen Anlass des Vermarkters Goldbach (TX Group) ist es am Dienstagnachmittag zu einem schrecklichen Unfall gekommen: «Gegen 18 Uhr ging bei der Einsatzzentrale von Schutz und Rettung Zürich die Meldung ein, wonach mehrere Personen nach dem Gang über heisse Kohlen Verbrennungen erlitten hätten», wie die Kantonspolizei schreibt.
Ein Grossaufgebot von Polizei, zehn Rettungswagen, ein Grossraumrettungsfahrzeug, zwei Notarztequipen und ein Pikettoffizier von Schutz und Rettung Zürich seien am Dienstagnachmittag zur Unfallstelle ausgerückt. 25 Personen seien medizinisch behandelt worden, «wovon 13 Personen mit schwereren Verletzungen hospitalisiert werden mussten», wie die Kantonspolizei mitteilte.
Die ebenfalls ausgerückten Funktionäre der Kantonspolizei Zürich sicherten Spuren und nahmen die Ermittlungen zu den Umständen des Unfalls auf.
Beim Horror-Unfall waren zudem die Rettungsdienste Lachen, Zug, Männedorf und Regio 144 und eine gemischte Patrouille der Stadtpolizei Wädenswil und der Gemeindepolizei Horgen im Einsatz.
Vonseiten der Sanität sei es ein «Grosseinsatz gewesen», wie Mediensprecher Florian Frei von der Kantonspolizei Zürich am Mittwochmorgen gegenüber dem Klein Report sagte. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Gang.
In einer internen Kommunikation schreibt Goldbach-CEO Michi Frank, der auch vor Ort war, am Mittwochmorgen eher etwas harmlos: «Liebe Goldbächlerinnen und Goldbächler. Am gestrigen Sales Day (14. Juni 2022) in Au ZH konnte als freiwillige Teamaktivität ein Feuerlauf ausprobiert werden. Dabei durften die Teilnehmenden, nach entsprechender Vorbereitung, barfuss über glühende Holzkohlestücke gehen.»
Durch den kurzen Kontakt mit der Glut sei ein solcher Feuerlauf grundsätzlich unproblematisch, so Frank. «Leider haben sich jedoch bei unserer Veranstaltung mehrere Goldbächler*innen Verbrennungen an den Füssen zugezogen. Mehrere Teilnehmer*innen mussten in diesem Zusammenhang vor Ort von medizinischem Personal behandelt oder ins Spital gebracht werden.»
Man stünde im «Austausch mit den betroffenen Mitarbeitenden» und biete ihnen und «euch allen natürlich bei Bedarf unsere Unterstützung an». Dann folgen noch gute Genesungswünsche und ein Dank an die Helfer-Teams vor Ort und an wen Polizei-Anfragen gemeldet werden.
«Falls ihr weitergehende Fragen oder ein Anliegen haben solltet, dürft ihr euch gerne bei Nicole Klose oder Guido Trevisan melden», schreibt «Euer Michi» am Ende des Mails.
Die Krisenkommunikation bei Goldbach funktioniert nicht, wie der Klein Report feststellen musste. Die Kommunikationsleiterin der TX Group, Ursula Nötzli, wollte keine Auskunft auf Fragen des Klein Reports geben. Dafür sei die Goldbach-Einheit zuständig, wie sie gegenüber dem Klein Report mehrfach erwähnte, ohne auf die Dramatik der Situation einzugehen.
Allein der Titel der Kantonspolizei lässt Medien-Profis stocken: «Grossaufgebot in Au (Wädenswil) ZH: 25 Personen verletzt (13 davon schwer)».
In der Berichterstattung des eigenen Medienproduktes «20 Minuten online» (TX Group) wurde nicht umsonst die Kommentarfunktion abgeschaltet. Da braut sich wahrscheinlich ein Shitstorm zusammen.
Iris Blättler, Leiterin Kommunikation des Vermarkters Goldbach, sagte am Mittwochmorgen dem Klein Report als Erstes: «Der Feuerlauf war freiwillig. Die Message vor Ort war: Es wird niemand gezwungen, es ist alles freiwillig.»
Anschliessend erwähnte Blättler, dass man sich auf den externen Partner verlassen habe.
Auf die danach gestellte Frage des Klein Reports, wie es denn den Schwerverletzten gehe, sagte Blättler: «Lebensbedrohlich ist niemand verletzt. Ich weiss aber nicht, wie viele noch hospitalisiert sind.»
Und wie Konzern-Journalismus geht, zeigt das Gratisblatt «20 Minuten», das wie Goldbach zur TX Group gehört: Bei «20 Minuten online» wurde die Schlagzeile vom Mittwochmorgen «Nach Gang über glühende Kohlen – 25 Personen verletzt, 13 davon schwer» am Nachmittag umgewandelt in «Das Feuerlaufen war freiwillig – wir haben niemanden gezwungen». Die Oberzeile dazu heisst «Verletzte bei Firmenanlass».
Danach folgte in einer ergänzenden Geschichte: «Völlig unverständlich, wie sich 25 Menschen verletzen konnten», wird ein Feuer-Coach mit Namen Otto Gerber zitiert.
Ein anderer Artikel ist überschrieben mit «25 Personen in Wädenswil verletzt: ‚Nicht lange labern, sondern laufen‘ – so wirbt der Feuerlauf-Organisator». So wird bereits im Titel auf diesen geschossen. «Bei einem Feuerlauf in Wädenswil haben sich 25 Personen verletzt, 13 davon schwer. Der Organisator bewirbt seine Angebote fragwürdig. Laut einem Rechtsanwalt könnten Geldstrafen oder Gefängnis drohen», heisst es im Lead.
«‚20 Minuten‘ weiss, wer der Organisator des Feuerlaufs ist», heisst es in diesem Text schon fast drohend. Dann wird von dessen Website zitiert, dass es zwar heisse, «ohne ‚gründliche Einführung des Teams inklusive der Themen Risiken und Nebenwirkungen‘ werde kein Feuerlauf durchgeführt. Die Theorielektion dauert aber lediglich ‚maximal ca. 45 Minuten‘», so «20 Minuten».
Weitere Gründe, weshalb der Organisator schuld sein könnte, werden aufgeführt und gipfeln in einem Satz des Rechtsanwalts Amr Abdelaziz: «Ob der Organisator des Feuerlaufs von Dienstagabend dafür strafrechtlich belangt werden kann, ist von mehreren Faktoren abhängig.» Von der Information bis zur sachgerechten Durchführung oder zu einer Einwilligungserklärung der Teilnehmenden, die aber auch nicht zwingend vor strafrechtlicher Verfolgung schützt, wurde bereits ein ganzer Abwehr-Case aufgebaut, obwohl die Staatsanwalt nun wahrscheinlich ermittelt, da es sich um ein Offizialdelikt handelt, weil unter anderem Personen zu Schaden kamen.