Er wurde wegen Sachbeschädigung verklagt und musste 1984 ins Gefängnis. «Ich wollte etwas gegen die Hässlichkeit des Betons und gegen die Verschandelung unserer Städte tun», sagt Harald Naegeli heute.
Am Wochenende vom 15. Mai durfte der damals Geächtete nun eine Ausgabe der «NZZ am Sonntag» gestalten. Düstere und apokalyptische Szenen aus Kohle und Tusche ummanteln dabei die Titel- und Schlussseite der Zeitung. Weitere dämonische Figuren, tanzende Skelette und kleinere Interventionen finden sich ganzseitig und auch an den Rändern der Kunstausgabe.
Vor über vierzig Jahren hauchte der Zürcher Künstler Harald Naegeli als nächtliches Phantom mit seinen Kopffüssern und anderen Fantasiefiguren dem Beton der Stadt Leben ein. Dann wurde er geschnappt, verurteilt – und floh.
Seit einigen Jahren ist Harald Naegeli zurück in seiner Heimatstadt, wo er 2020 mit dem städtischen Kunstpreis geehrt wurde.
«Ich bin vermutlich der Haupterbe von Dada in Zürich. Hans Arps Holzschneider war mein Lehrer, ich habe Dada mit 17 Jahren kennengelernt, Carola Giedion-Welcker hat die Dadaisten gekannt und wurde für mich eine wichtige Mentorin», hat der Sprayer auch schon über sich gesagt.
«Herr Naegeli, könnte man sagen, dass Sie sich mit Zürich versöhnt haben?», fragen Magazin-Redaktor Urs Bühler und Peer Teuwsen, Ressortleiter Kultur, in der «NZZ am Sonntag» in ihrem doppelseitigen Interview. «Nein, es braucht keine Versöhnung, sondern Opposition», antwortete ihnen der Sprayer. Weiter erklärte der nun gefeierte 82-jährige Künstler, warum seine Kunst bis heute ein Verstoss gegen die bürgerliche Ordnung ist, wofür und wogegen er kämpft und wie er mit seinem bevorstehenden Tod umgeht. Auch der aktuell herrschende Krieg wird angesprochen.
Bildlich ist dabei ein poetisch-düsterer Tanz mit dem Tod entstanden. Zum Einsatz kommen Arbeiten, die von 2018 bis 2022 entstanden sind, einige davon eigens für diese Ausgabe der «NZZ am Sonntag».
Ergänzt wurde die Kunstausgabe durch eine exklusive NZZ Edition. Als Motiv dafür wählte Harald Naegeli einen Fisch, welcher 2014 im Stil seiner früheren Graffitiarbeiten entstanden ist. Die Edition ist auf 100 Exemplare limitiert und handsigniert. Jedes Exemplar ist zudem von Hand mit einer weiteren kleinen Zeichnung versehen und damit ein Unikat. Erhältlich ist die Edition ab dem 15. Mai zum Preis von 1’500 Franken im NZZ Shop. Seinen Anteil am Erlös spendet der Künstler einer Organisation, die sich um das Wohl von Tieren in der Ukraine kümmert.