Radiotelevisiun Svizra Rumantscha RTR hat 2021 eine Ausschreibung für eine neue Serie lanciert.
Gefragt waren Ideen mit einer spannenden Geschichte, die das Publikum mit einer plausiblen Handlung fesseln, provozieren, das Lokale widerspiegeln und einen Bezug zu Graubünden und der rätoromanischen Schweiz haben.
RTR hat sich für das Konzept «L’ultim Rumantsch» entschieden, wie der Klein Report bereits berichtet hat. Eine Serie, welche im Spannungsfeld des umkämpften Medienmarktes spielt und sich mit den damit einhergehenden Konflikten beschäftigt.
Als RTR diesen Serien-Wettbewerb ausschrieb, wurde in der Öffentlichkeit gerade das Mediengesetz besprochen. Der Regisseur Adrian Perez meinte heute zu seiner Arbeit gegenüber dem Klein Report: «Ich fand die Debatte rund um die vierte Gewalt spannend, denn sie stellte Fragen nach Demokratie und Identität. Das Überleben von marginalen Kulturen ist mit dem Schicksal ihrer Sprachrohre verknüpft. Das Überleben der letzten rätoromanischen Tageszeitung ist somit ausschlaggebend für die rätoromanische Kultur.»
Journalistin Christine Huber und Chefredaktorin Ursula Klein haben bei den Verantwortlichen nachgefragt.
Die Geschichte ist erfunden. Die Hauptfigur ist in der lokalen Medienfamilie verankert, was für die Schweiz nicht ungewöhnlich ist. Viele Medienhäuser sind in privater Hand oder aus privater Initiative entstanden.
Adrian Perez dazu: «Dass wir die Bedürfnisse einer Region und die Herausforderungen in der Medienlandschaft anhand einer Familiengeschichte darstellen, gab uns später im Writers Room die Möglichkeit, vielschichtige und unterhaltsame Konflikte erzählen zu können.»
Der Klein Report wollte noch ein bisschen mehr über diese fiktive Verlegerfamilie wissen. Dazu hat Tamara Deflorin, Scheffa communicaziun bei Radiotelevisiun Svizra Rumantscha, die Inspirationen für die Story relativiert.
Es drängt sich auf, dass die Geschichte um die Verlegerfamilie Durisch eine Anlehnung an die Somedia-Familie Lebrument ist. Wie ist es dazu gekommen?
Tamara Deflorin: «Zum Zeitpunkt der Entwicklung waren die Familie Lebrument oder die Somedia weder Thema noch Vorbild. Die Gemeinsamkeit, dass bei der Familie Lebrument und in der Serie ein Mann ein Medienimperium aufbaute und als Patron an der Spitze stand, hat mit gesellschaftlichen Realitäten zu tun. Ein Blick in andere Medienhäuser zeigt, dass überall ähnliche Strukturen herrschen. Und da wir eine authentische Geschichte erzählen, orientierten wir uns in der Ausarbeitung an diesen Wirklichkeiten.»
Könnte es nicht zu Problemen mit den lebenden Familienmitgliedern kommen? Wie haben sie sich abgesichert? Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Deflorin: «Die Medienlandschaft in Graubünden ist sehr überschaubar. RTR und die Somedia stehen im regelmässigen Austausch. Die Somedia hat Kenntnis von der Serie und ist dem Projekt gegenüber offen. Bei den Personen in der Serie handelt es sich um fiktive Persönlichkeiten. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig. Parallelen werden immer gezogen, das wird sich nicht verhindern lassen. Wir haben aber weder Interesse noch sehen wir es als einen Vorteil, Biographien real existierender Personen als Schablonen zu verwenden.»
Wie hoch ist das Budget für diese Serie veranschlagt?
Tamara Deflorin: «Für RTR und die SRG SSR ist es wichtig, die Schweizer Filmszene und das Filmschaffen fördern zu können. So unterstützt RTR regelmässig auch Fremdproduktionen von unabhängigen Filmschaffenden im Rahmen des Pacte de l’audiovisuel. Bei der aktuellen Serie, welche RTR gemeinsam mit Shining Film realisiert, beteiligt sich das rätoromanische Medienhaus mit rund 200'000 Franken pro Episode.»
Im Writers Room sind Adrian Perez, Jen Ries und Simon Nagel. Haben diese drei Personen ein spezielles Know-how im Medienbereich?
Deflorin: «Alle drei arbeiten seit Jahren als Filmschaffende im audiovisuellen Bereich. Sie haben sich eingehend mit der aktuellen Situation und Lage in der Schweizer Medienlandschaft auseinandergesetzt.»
Es mutet etwas keck an, wenn die SRG als Mitbewerber zur Somedia im Bündnerland über die Verlegerfamilie Durisch eine Sitcom macht. Was versprechen Sie sich von diesem boulevardesken Medienthema?
Tamara Deflorin: «Filme und Serien sind Botschafter der kulturellen Vielfalt. Filme und Serien entführen uns in unbekannte Welten. Sie verzaubern, inspirieren und bewegen uns. Sie bilden die Wirklichkeit ab und entwerfen selbst eine Wirklichkeit. So ist es auch bei der Serie ‚L’ultim Rumantsch‘. Wir erzählen eine fiktive Familiengeschichte im Spannungsfeld der Medien. Es geht um eine rätoromanische Tageszeitung und um die Mediensituation im Allgemeinen. Die Serie stellt damit wichtige Fragen zum Zusammenleben und zum Erhalt einer Kultur. Die Serie bezieht politisch keine Stellung. Dennoch soll die thematische Einbettung eine nachhaltige Auseinandersetzung mit den Begriffen Medien, Demokratie und Kultur ermöglichen. Dass die SRG SSR und RTR solche Themen über eine Serie in den Fokus stellt, dient einem allgemeinen Interesse. Eine aktive Auseinandersetzung hilft, den Blick zu schärfen und uns als Gesellschaft weiterzuentwickeln.»