Am Mittwochabend prämiert das Recherchenetzwerk investigativ.ch das Bundesstrafgericht Bellinzona mit dem Goldenen Bremsklotz 2017. Grund ist das Urteil des Gerichts gegen einen RTS-Journalisten, der mit seiner Recherche eine Sicherheitslücke im Genfer Wahlsystem aufgedeckt hatte.
Doch der Gewinner wird den Schmähpreis nicht abholen, wie investigativ.ch-Co-Präsident Dominique Strebel dem Klein Report verriet. Gründe hätten die Bundesstrafrichter keine genannt.
Überhaupt habe das Gericht nicht auf Anfragen von investigativ.ch reagiert. Der Verein hatte der Bundesbehörde die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben - genau wie den vier anderen Preisanwärtern auf der mit Hilfe der Mitglieder erstellten Shortlist. Doch beim Bundesstrafgericht ohne Erfolg.
«Meistens wird aber bereits die Shortlist sehr ernst genommen», führt Dominique Strebel, der auch als Studienleiter am MAZ tätig ist, weiter aus. Dies zeige sich an deren Reaktionen: «Wir haben schon ein paarmal mehrseitige Stellungnahmen von Behörden und Personen erhalten, die uns mit ihren Argumenten überzeugen wollten, dass sie nicht auf die Liste gehören.»
Dies illustriere, dass der Preis in der Schweizer Medienlandschaft mittlerweile ernst genommen werde. «Es ist definitiv nicht angenehm, für den Schmähpreis nominiert zu sein, geschweige denn, diesen zu gewinnen», ist sich Strebel sicher.
Trotzdem holten die beiden Gewinner der ersten Jahre die goldene Trophäe noch persönlich ab. Den allerersten Goldenen Bremsklotz für das Jahr 2014 hatte das Bundesamt für Landwirtschaft eingeheimst. Die Behörde wollte für ein Einsichtsgesuch der Zeitschrift «Beobachter» eine Gebühr von 275 000 Franken in Rechnung stellen.
Im Jahr 2015 ging der Schmähpreis an Sacha Wigdorovits für seine Rolle in der Affäre um den Badener Stadtamman Geri Müller. Wigdorovits nutzte seinen Auftritt während der Preisverleihung gemäss Strebel, um den Preis ins Lächerliche zu ziehen. «Er legte seine Argumente in einer Gegenrede dar und überreichte dem Verein ein selbstgebasteltes goldenes Ei.»
Letztes Jahr hat Nationalratspräsidentin Christa Markwalder den Schmähpreis abgeräumt für ihr Verhalten in der Kasachstan-Angelegenheit. «Sie holte den Preis als erste Gewinnerin nicht ab und reagierte auch nicht auf unsere Anfragen», so Strebel.
Einen ersten möglichen Kandidaten für die Shortlist 2018 sieht Strebel erneut im Bundesstrafgericht. Der Grund: Die Bundesanwaltschaft muss seit Anfang Jahr alle Anfragen von Journalisten in die Akten der laufenden Strafverfahren legen. Dies hat das Bundesstrafgericht gegen den Willen der Strafverfolger des Bundes entschieden.
Medienschaffende müssen so gemäss Strebel extrem aufpassen, «dass keine Rückschlüsse auf Informanten möglich sind», sagt er zum Klein Report. Und Journalisten aus repressiven Staaten seien nun unter Umständen gefährdet, weil so nur bekannt wird, dass sie in einem Strafverfahren recherchieren, das in der Schweiz gegen ehemalige oder aktuelle Machtträger zum Beispiel wegen Geldwäscherei geführt wird.