Content:

Mittwoch
01.04.2015

TV / Radio

Abstimmungsbuchlein-SGV-Billag-Klein-Report

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) ärgert sich über das von der Bundeskanzlei lancierte Abstimmungsbüchlein zur Revision des Radio und Fernsehgesetzes (RTVG). Der Text verletze die politischen Rechte der freien Willensbildung, findet der Wirtschaftsverband und hat deshalb am Montagabend eine Abstimmungsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Bern eingereicht.

«Hier geht es einerseits um unseren individuellen und konkreten Fall, aber andererseits auch generell darum, dass Referendumskomitees im Abstimmungsbüchlein frei argumentieren können sollten», sagte Dieter Kläy, Ressortleiter Mobilität und Wirtschaftsrecht beim Gewerbeverband, dem Klein Report.

Konkret geht es bei der Abstimmungsbeschwerde um die Information des Verbands, dass sämtliche objektiven Indizien auf eine Erhöhung der neuen Billag-Mediensteuer auf 1000 Franken pro Jahr und Haushalt hinweisen würden. Diese Information sei von der Bundeskanzlei verweigert worden, findet der Verband «Durch die Einmischung und die tatsachenwidrige Veränderung der Argumente des Referendumskomitees verletzt die Bundeskanzlei die politischen Rechte», so der Gewerbeverband weiter.

Die Zahl von 1000 Franken Gebühren pro Jahr basiert laut Dieter Kläy auf der Entwicklung der früheren Jahre und auf dem Vorhaben der SRG, mehr in Eigenproduktionen und ins Internet zu investieren. «Nur schon wenn die Steuer analog zu den letzten Jahren steigt, sind wir bald auf 700 bis 800 Franken. Die Steuer wird aber mit den hohen Investitionen und Ausgaben exponentiell steigen. Die 1000 Franken sind deshalb sehr realistisch», so Kläy.

Diese Information sei nicht etwa aus dem Abstimmungsbüchlein entfernt, sondern ergänzt worden, widersprach Thomas Abegglen, Informationsbeauftragter politische Rechte bei der Bundeskanzlei, gegenüber dem Klein Report der Darstellung des Gewerbeverbands.

«Die Bundeskanzlei hat keine inhaltlichen Aussagen des Referendumskomitees korrigiert», unterstrich Abegglen. «Aus dem vom Komitee selbst vorgeschlagenen Satz `Es drohen damit 1000 Franken Mediensteuer pro Haushalt und Jahr in den nächsten Jahren` wurde `Nach Ansicht des Komitees drohen damit 1000 Franken Mediensteuer pro Haushalt und Jahr in den nächsten Jahren`», erklärte er die Änderung der Bundeskanzlei.

Es sei offensichtlich, dass die Bundeskanzlei lediglich sichergestellt habe, dass die Stimmberechtigten das Referendumskomitee als Urheber der Schätzung über die angebliche künftige Entwicklung der Radio- und Fernsehgebühren erkennen, so Abegglen abschliessend.

Der Spielraum des Bundesrats in punkto Abstimmungstext ist im Bundesgesetz über die politischen Rechte festgehalten. Die Urheberkomitees bei Volksinitiativen und Referenden haben das Recht, ihre Argumente dem Bundesrat mitzuteilen, heisst es dort. Dieser muss sie in seinen Abstimmungserläuterungen berücksichtigen. Der Bundesrat hat aber das Recht, «ehrverletzende, krass wahrheitswidrige oder zu lange Äusserungen zu ändern oder zurückzuweisen», wie es in Artikel 11 heisst.

Der Gewerbeverband empfindet die Änderung durch die Bundeskanzlei als unrechtmässig. Gemäss Artikel 77b hat er deshalb die Abstimmungsbeschwerde beim Regierungsrat Bern eingereicht. Die Kantonsregierung muss nun innerhalb von zehn Tagen nach Eingang der Beschwerde darüber entscheiden.

«Der Regierungsrat wird seine Entscheidung bis mitte nächster Woche treffen», sagte Christian Kräuchi, Leiter Kommunikation des Kantons Bern dem Klein Report. «Da das Verfahren die Ferienzeit fällt, wird das diensthabende Regierungsmitglied per Präsidialentscheid entscheiden», so Kräuchi weiter.

Dieter Kläy sieht die Chancen des Gewerbeverbands mit der Beschwerde als intakt. «Es kann nicht sein, dass die Bundeskanzlei Einfluss auf die Argumente und damit auf den Abstimmungsausgang nimmt», findet er.

Wird eine Beschwerde von der Kantonsregierung abgewiesen, kann sie vor das Bundesgericht weitergezogen werden. Laut Thomas Abegglen kam das in den letzten beiden Jahren nur sehr selten vor. Eine genaue Zahl konnte er aber nicht nennen.