Wenn Anwälte nicht genügend Gehör erhalten, dann wehe dem: Der Bannstrahl der Bundesanwälte traf die Redaktion der «Tagesschau» des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF).
In der Hauptausgabe der «Tagesschau» vom 26. Oktober 2023 lief ein zweiminütiger Beitrag über die Einstellung des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber, verteidigt durch Rechtsanwalt Lorenz Erni, und den FIFA-Präsidenten Gianni Infantino. Der Straftatbestand lautete: Verletzung des Amtsgeheimnisses, Amtsmissbrauch und Begünstigung. Eine weitere beschuldigte Person war André Marty.
Im «Tagesschau»-Beitrag äussern sich ein Strafrechtsexperte («Strafverfahren hätte man nicht zwingend einstellen müssen») und der investigative Polit- und Sportjournalist Thomas Kistner von der «Süddeutschen Zeitung» kritisch zur Einstellung der Verfahren.
«In der dagegen erhobenen Betroffenenbeschwerde rügen die für die Verfügung verantwortlichen Bundesanwälte, es werde im Beitrag durch den als ‚Experten‘ vorgestellten deutschen Journalisten schwere Vorwürfe erhoben, ohne dass sie dazu hätten Stellung nehmen können», erläutert die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) nach ihrer Sitzung am Donnerstag die Beanstandung.
Die anwesenden UBI-Mitglieder hätten kontrovers darüber diskutiert, ob es sich bei den strittigen Aussagen («fürsorglicher Funktionärsschutz») um schwere Vorwürfe oder eine zulässige Justizkritik gehandelt habe.
Das Publikum habe sich aufgrund der fehlenden Anhörung keine eigene Meinung zu den vermittelten Informationen bilden können, bilanzierten die UBI-Mitglieder und hiessen die Beschwerde gut, knapp mit vier zu drei Stimmen.