Zürich gilt als das Zentrum der Schweizer Medien. Im Ballungsraum der Wirtschaft wirken Verlage, TV-Sender, Internetfirmen, Werbeagenturen, Filmproduktionen, Institutionen der Unterhaltung und Kunst. In einer losen Folge schreibt der Klein Report über spannende Figuren aus dieser Welt.
Der Journalist Stefan Hohler (67) arbeitete von Ende 2004 bis 2020 als Polizeireporter für den «Tages-Anzeiger». Seine Tochter Laura Hohler interviewte ihn für den Klein Report.
Wie hat sich der Beruf des Polizeireporters in den letzten Jahren verändert?
Stefan Hohler: «Als ich angefangen habe, wurden die Reporter noch von der Kantonspolizei persönlich angerufen, wenn ein schwerer Unfall oder ein Mordfall passierte. An den Tatorten waren dann auch nur wenige Journalisten anwesend. Heutzutage ist alles online, das heisst es läuft alles über Medienmitteilungen, die von den Pressestellen verschickt werden. Den klassischen Beruf des Polizeireporters gibt es heute kaum mehr – mittlerweile behandelt der Journalist, der gerade Dienst hat, auch die Kriminalfälle.»
Was ist das Faszinierende am Beruf, und welcher Fall war der schlimmste, den du während deiner Karriere erlebt hast?
Hohler: «Das Faszinierende an dem Beruf sind die menschlichen Abgründe, die sich einem eröffnen. An den Gerichtsverhandlungen erhält so ein Täter dann ein Gesicht und erläutert seine Sicht der Dinge. Der mit Abstand schrecklichste Fall war ganz klar der Vierfachmord von Rupperswil im Dezember 2015. Die Art und Weise, wie eine ganze Familie in ihrem eigenen Haus auf brutalste Weise ermordet wurde, hat mich immer wieder beschäftigt – von der Tat bis zur Gerichtsverhandlung. Und das Erschreckende: Am Prozess erschien kein ,Monster‘, sondern ein Mensch wie du und ich.»
Den Fall Rupperswil behandelst du auch in einem deiner Bücher.
Hohler: «Ja, genau. ,13 Mordfälle und eine Amour fou‘ ist eine Mischung verschiedenster Mordfälle, über die ich berichtet habe. Die ,Amour fou‘ bezieht sich auf die medial viel behandelte Liebesgeschichte von Angela Magdici und Hassan Kiko. Die Gefängniswärterin verhalf dem verurteilten Vergewaltiger 2016 zur Flucht. Dieser Fall ist mit Sicherheit der einzige mit einem ,Happy End‘, die beiden sind ja immer noch zusammen und mittlerweile sogar verheiratet …»
Wie wichtig waren für dich gute Beziehungen zu Behörden?
Hohler: «Man denkt immer, dass dies von grosser Bedeutung sei. Doch mittlerweile ist eigentlich alles professionalisiert. Informationen erhalten Medienschaffende fast ausschliesslich über Pressestellen, vor allem bei der Polizei und neuerdings auch bei der Staatsanwaltschaft. Die Zeiten, zu denen man den ermittelnden Polizisten noch persönlich anrufen konnte, sind heute vorbei. Mein Kollege Viktor Dammann, ein journalistisches Urgestein, erlebte dies jedoch noch und hat dies in seiner Biografie schön beschrieben.»