Die Schlagzeilen berichteten über brutale Verbrechen: Ein 48-Jähriger wurde wegen sexueller Gewalt an minderjährigen Mädchen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.
Nau titelte: «Waadtländer wegen Missbrauchs an Minderjährigen verurteilt. Der Mann hatte minderjährige Frauen zu Drogen- und Sexpartys eingeladen. Er wurde zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt.»
Swissinfo stiess ins selbe Horn und titelte in ihrer Story auch mit dem Wort «Orgie», so als ob sexuelle Gewalt etwas mit sexueller Freizügigkeit und nicht mit Gewalt zu tun hätte.
Die Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin twitterte mit Bildschirmfoto am 5. April: «Sprache, so wichtig. Ihr solltet das Verbrechen richtig benennen @nau_live und @swissinfo, wohl vor allem auch ihr, @keystone_sda. Schaut mal, was die Kolleg:innen drüben bei @blickch daraus machten.»
Swissinfo nahm den Artikel sofort vom Netz, die Schlagzeile ist noch auf Googlehits, doch sie existiert nicht mehr. Nau lässt den Artikel stehen, bei Keystone-SDA gibt es keine Mitteilung. Dies ist umso erstaunlicher, als dass SDA am 12. Juni 2019 über sexuelle Gewalt im Fall von Jolanda Spiess-Hegglin berichtet: «In der Berichterstattung von Keystone-SDA zum Rechtsstreit zwischen Jolanda Spiess-Hegglin und dem Ringier-Verlag vom Dienstag wurde die Formulierung ‘Sex-Affäre’ verwendet. Diese Formulierung ist in diesem Kontext nicht geeignet und hätte nicht verwendet werden dürfen.»
Anders als der «Blick» scheinen Keystone-SDA immer noch nicht zu wissen, dass Vergewaltigungen, Missbrauch an Minderjährigen, sexuelle Gewalt keine erotischen Techtelmechtel, sondern schwerwiegende Verstösse gegen die körperliche Unversehrtheit von Kindern, Frauen und Männern bedeuten.
Fazit Klein Report: Jolanda Spiess-Hegglins Fall hat den Effekt, dass immerhin der «Blick» und Ringier aus der Fehlerkultur lernen und derartige Verbrechen nicht mehr verharmlosen. Der «Blick» titelt informativ: «Er lud sie zu ‚Partys‘ ein: Waadtländer (48) wegen Missbrauchs minderjähriger Mädchen verurteilt.»