Die Medienhäuser sind erfinderisch, um den Lesern und Leserinnen unreinen Wein einzuschenken: Bezahlte Werbung wird wahlweise als «Publireportage», «Verlagsreportage», «Sponsored Content» oder «Werbebeitrag» betitelt oder mit «pr» oder «zvg» gekennzeichnet.
Berufsethisch ist das ein Problem. Der Kodex verlangt von den Medienschaffenden in der Richtlinie 10.1, bezahlte Werbung «deutlich» vom redaktionellen Teil zu trennen.
Diesbezügliche Beschwerden treffen beim Presserat denn auch regelmässig ein. In der Umsetzung der Richtlinien verlangt das Gremium, dass sich Werbung entweder optisch klar und für alle erkennbar von redaktionellem Inhalt unterscheiden muss, oder aber, dass sie unmissverständlich, explizit als «Werbung» bezeichnet wird.
Die oben genannten Begriffe würden «von Durchschnittslesern und -leserinnen nämlich kaum auf Anhieb als bezahltes Marketing von Dritten» erkannt.
Das Gebot dieser deutlichen Trennung haben kürzlich gleich drei Zeitungen verletzt: das «Liechtensteiner Volksblatt», das «Tagblatt der Stadt Zürich» und die «bz – Zeitung für die Region Basel».
Um das Beispiel der bz herauszupicken: Am 13. April 2022 veröffentlichte der Titel von CH Media auf der Seite «Gesundheit» zwei Texte. Der eine beschäftigte sich mit der «reinigenden Kraft des Atems», der zweite, rubriziert als «Ratgeber Gesundheit» mit «Verbrühungen bei Kindern».
Den ersten Text zeichnet Roger Marti, der in einem Kasten vorgestellt wird als «Osteopath D.O. GDK M. Sc. und Verbundener-Atem-Therapeut bei Curavida, seiner eigenen Praxis im Berner Mittelland.» Es folgt ein Beschrieb seiner Arbeitsweise und die Adresse seiner Website.
Der Text über das Verhalten bei Verbrühungen von Kindern ist überschrieben mit «Ratgeber Gesundheit. Heute Dr. med. Dörthe Harms Huser, Leitende Ärztin Notfall für Kinder und Jugendliche KSB, Gesundheit Aargau».
Neben dem grossen Seitentitel «Gesundheit» ist klein, unter dem Datum der Ausgabe zu lesen «Sponsored Content». Ganz unten ist zu lesen: «‹Ratgeber Gesundheit› ist ein von der Redaktion unabhängiges PR-Gefäss. Für den Inhalt sind die mit ihren Logos präsenten Gesundheitsdienstleister verantwortlich.»
Im Kopf der Ratgeber-Rubrik steht neben dem Foto der Ärztin das Logo «Gesundheit Aargau», die Ärztin ist einem «KSB» zugeordnet. Ob Basler Leser damit das Kantonsspital Baden verbinden, ist offen.
Ein Leser protestierte gegen den Mischmasch – mit einem Schreiben an Verleger Peter Wanner und einer Beschwerde beim Presserat.
Der klein gedruckte Hinweis «Sponsored Content» genüge nicht. Das sei eine fremdsprachliche Bezeichnung, die dem wahren Sachverhalt, nämlich «Werbung», nicht gerecht werde.
Dies wäre aber gerade in einem Bereich wie Gesundheitsfragen von grosser Bedeutung. So werde der Autor des Artikels über die «reinigende Kraft des Atems» angekündigt, wie wenn er ein redaktioneller Mitarbeiter wäre. Dabei verbreite Roger Marti reine Eigenwerbung mit «Eso-Geschwurbel».
Wie auch das «Liechtensteiner Volksblatt» und das «Tagblatt der Stadt Zürich» hat die bz eine Rüge des Presserats kassiert.