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Freitag
05.10.2018

Medien / Publizistik

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Die Causa Daniele Ganser hat hohe Wellen geworfen: Auf Gansers Auftritt in der «Arena» folgte eine Beschwerdeflut an die SRF-Ombudsstelle, weil der Historiker und Publizist im Schweizer Fernsehen als «Verschwörungstheoretiker» bezeichnet wurde.

Auch die «SonntagsZeitung» hat die unrühmliche Titulierung übernommen - und dabei keine medienethischen Regeln verletzt, wie der Schweizer Presserat zuletzt entschieden hat. Der Klein Report hat die Begründung des Ethikgremiums genau unter die Lupe genommen und im Nachzug ein paar Fragen direkt an den Presserat gerichtet.

Erstens ging es um die Frage, was es mit der Begründung des Presserates auf sich hat, dass es «keine Pflicht zur objektiven Berichterstattung» gäbe. Der Klein Report fragte deshalb, ob eine solche Begründung aus Sicht des Presserates, der sich für journalistische Mindeststandards einsetzt, wirklich dem Qualitätsjournalismus dienlich ist - mit speziellem Blick auf Fake News und falsche Behauptungen.

Der Presserat antwortete sehr umsichtig: «Keine Pflicht zur Objektivität heisst, dass die Berichterstattung nicht ausgewogen, unparteiisch oder unvoreingenommen sein muss. Aber die Tatsachen müssen korrekt sein.»

Die andere Frage vom Klein Report beschäftigte sich mit dem Etikett «Verschwörungstheoretiker», dessen Verwendung im Urteil folgendermassen legitimiert wurde: Da sich Ganser in seinen Vorträgen und Büchern mit echten und angeblichen Verschwörungen befasst, könne man ihn «im neutralen Sinn des Wortes» als Verschwörungstheoretiker bezeichnen. Der Presserat wertete den Begriff nicht als schwerwiegenden Vorwurf.

Der Klein Report setzte hier an und drehte die Begründung des Presserates weiter. Daraus resultierte die Frage: «Wenn sich ein Experte in seinen Vorträgen und Expertisen mit Kinderpornografie auseinandersetzt, könnte man ihn in Analogie zur Argumentation des Presserates auch als `Superstar unter den Kinderpornografen` betiteln?»

Die Frage war insofern vom Klein Report provokativ gemeint, als dass eine Etikettierung für einen Experten tatsächlich schwer wiegen und grosse ökonomische Verluste nach sich ziehen kann. Die Antwort des Presserats lautete: «Die Wahrheitspflicht ist auch in Titeln zu respektieren. Diese dürfen zugespitzt sein, jedoch nicht überspitzt. (…) Der Vorwurf der Kinderpornografie ist wesentlich gravierender als derjenige, ein Verschwörungstheoretiker zu sein. Kinderpornografie ist ein Straftatbestand. Sich mit echten oder angeblichen Verschwörungen zu befassen, ist nicht verboten.»

Der Klein Report dankt an dieser Stelle dem Schweizer Presserat für die ausführliche Beantwortung der Fragen. Als Mediendienst der Schweizer Kommunikationsbranche war es wichtig zu erfahren, wie weit einige Medien in der Etikettierung von Experten in der Öffentlichkeit gehen können. Die Bilanz lautet: Im Falle von Daniel Ganser sehr, sehr weit.