Entgegen der Usanz, dass Bundesrätinnen und Bundesräte nach ihrem Amt viel Geld verdienen (Ruth Metzler), ab und zu kluge Sprüche reissen (Moritz Leuenberger), zu ihrem kranken Partner schauen (Simonetta Sommaruga), unzählige Mandate sammeln (Doris Leuthard), doch grundsätzlich das Licht der Öffentlichkeit meiden, benimmt sich alt-Bundesrat Ueli Maurer, als wäre er Parteipräsident der Opposition.
«Eine Massenhypnose» hätte sich die Regierung in der Pandemie erlaubt. Eine Regierung, in der er selber gesessen ist. «Die Impfung» sei «heisse Luft zum Profit der Pharmaindustrie» gewesen, sagt er zur Impfempfehlung des Bundesrates, in dem er jahrelang mitregiert hat. Gesendet wurde das Interview, das Philipp Gut geführt hat, im Polit-Talk auf HOCH2 TV.
Nun blasen die Medien auf Angriff. «Ueli Maurer bezeichnet Covid-Impfstoffe als ‚heisse Luft‘», skandalisiert «20 Minuten» die Recherche der «NZZ am Sonntag». Diese befragte mehrere Politikerinnen und Politiker zum Verhalten von Ueli Maurer und konfrontierte sie mit den Aussagen in einem Internetsender.
Alt-Bundesrat Pascal Couchepin, der seinen Ruhestand mit diversen Stiftungen – unter anderen die «Stiftung der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan» – gefüllt hat, zeigt sich entsetzt. Dazu muss man wissen: Couchepin und Maurer waren sich nie grün. Sie sind nicht nur in verschiedenen Parteien, sondern stammen aus völlig unterschiedlichen Milieus.
Couchepin gelingt es in der «NZZ am Sonntag» hervorragend, Ueli Maurer in dessen Rolle als «Nestbeschmutzer» zu disqualifizieren: «Direktangriffe in dieser Schärfe entsprechen nicht der Usanz für ehemalige Bundesräte».
Neu ist nicht nur Ueli Maurers Verhalten als alt-Bundesrat, sondern neu ist auch der extrem scharfe Angriff der Zeitung auf den alt-Bundesrat: «Maurers Flirt mit dem Autoritären».
Der Klein Report konstatiert eine ungemütliche Amerikanisierung im sonst eher gemächlichen Schweizer Bundesratsbetrieb. Die Polarisierung zwischen alt-Bundesrat und ehemaligen Regierungskollegen und die Personalisierung durch die Medien sind deshalb alles andere als Good News.