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Dienstag
15.04.2025

Medien / Publizistik

Vom Journalist zum Ausbildner: Muster ist neuer Studienleiter Lokaljournalismus am MAZ...   (Bild zVg)

Vom Journalist zum Ausbildner: Muster ist neuer Studienleiter Lokaljournalismus am MAZ... (Bild zVg)

Seit 1. April ist Fabian Muster Leiter des Studienbereichs Lokaljournalismus am MAZ. Muster war bisher stellvertretender Chefredaktor der «Solothurner Zeitung» und des «Grenchner Tagblatts» sowie Redaktionsleiter des «Oltner Tagblatts» von CH Media.

Der Klein Report hat sich mit dem Journalisten über seinen Wechsel in den Ausbildungsbereich und die Situation im Lokaljournalismus unterhalten.

Sie sind seit Anfang April in Ihrer neuen Position. Was haben Sie als erste «Amtshandlung» gemacht?
Fabian Muster: «Nach dem Kennenlernen der neuen Arbeitskolleginnen und -kollegen und der ersten kurzen Einführung in die IT war ich an meinem ersten Arbeitstag gleich an der wöchentlichen Sitzung zum Diplomstudiengang Journalismus. Dort diskutierten wir die Weiterentwicklung des Angebots. Als Neuling konnte ich gleich einige Inputs geben, die gut aufgenommen wurden. Das hat mich sehr gefreut und gezeigt, dass ich im Team von Anfang an ernst genommen werde.»

Was war von all dem Neuen schon speziell für Sie?
Muster: «Als Tagesjournalist ist der Zeithorizont der Onlinepeak am Mittag oder die Zeitung von morgen. Hier am MAZ denken wir in Wochen, Monaten oder gar Jahren. Ein Beispiel: Im zweijährigen Diplomstudiengang Journalismus sind alle Kurse bereits organisiert und die Dozierenden festgelegt. Natürlich kann auch hier ein Ereignis die ganze Planung über den Haufen werfen: etwa, wenn die vorgesehene Kursperson krank wird und Ersatz gesucht werden muss. Aber das ist zum Glück die Ausnahme.»

Wie sieht ein normaler Tag als Studienleiter Lokaljournalismus am MAZ aus?
Fabian Muster: «Wie ein normaler Tag aussieht, kann ich nach ein paar Tagen Einführung noch nicht konkret sagen. Was ich aber bereits weiss: Meine Aufgaben sind vielseitig und daher sehr spannend. Zum einen bin ich für die Lokaljournalismus-Kurse verantwortlich und doziere auch selbst. Zum anderen bin ich für die Ausland-Stages zuständig, die das MAZ zusammen mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) anbietet: Junge Journalistinnen und Journalisten arbeiten für maximal zwölf Wochen in Redaktionen in Asien, Afrika oder Lateinamerika. Und mein dritter Schwerpunkt sind Kooperationen, etwa mit der Hochschule Luzern. Dazu kommen weitere Tätigkeiten wie die fachliche Betreuung der Studierenden im zweijährigen Diplomstudiengang.»

Sie wechseln nach einer 18 Jahre dauernden journalistischen Karriere, davon 12 Jahre in Führungspositionen, auf die Ausbildungsseite. Was hat Sie dazu bewogen?
Muster: «Ich hatte Lust auf etwas Neues und wollte mich beruflich weiterentwickeln. Und natürlich haben auch die jüngsten Umwälzungen in der Branche dazu beigetragen, dass ich mir immer weniger vorstellen konnte, die nächsten 20 Jahre bis zur Pension in diesem Job zu arbeiten. Die ausgeschriebene Stelle beim MAZ als Studienleiter passte da perfekt zu meinem bisherigen Werdegang und zu meinen Absichten: Ich konnte meine Erfahrungen als Online- und Regionaljournalist einbringen und gleichzeitig etwas Neues lernen.»

Wie lief der Rekrutierungsprozess ab, nachdem Sie im November 2024 das Stelleninserat für den Studienleiter MAZ gesehen haben?
Fabian Muster: «Wie das heutzutage üblich ist: Ein erstes Gespräch fand online via Zoom statt, ein zweites vor Ort in Luzern mit der CEO Martina Fehr und ihrem Stellvertreter Beat Rüdt. Ein paar Tage später erhielt ich dann glücklicherweise die Zusage.»

Was hat Sie selber als Journalist am Lokaljournalismus gereizt?
Muster: «Im Lokaljournalismus lernt man das journalistische Handwerk von der Pike auf. Eine Spezialisierung existiert noch kaum – bei CH Media gab es einzig für den Regionalsport ein eigenes Ressort. Du kannst auch alle Textsorten nutzen – von der einfachen Nachricht über die Reportage bis zur Glosse. Und wenn man als Lokaljournalist über die Region schreibt, wo man wohnt und sogar aufgewachsen ist – so wie ich –, dann beeinflusst du auch deine eigene Lebenswelt. All dies ist nur im Lokaljournalismus möglich. Zudem bin ich lieber ein grosser Fisch in einem kleinen Teich, als im See (die Schweiz hat ja kein Meer!) der Manteljournalistinnen und -journalisten, die ja häufig über die gleichen Themen schreiben müssen, weniger aufzufallen.»

Was würden Sie heute einem Journalisten, der über den Lokaljournalismus ins Metier einsteigt, raten?
Fabian Muster: «Genau das, was Sie in Ihrer Frage schon implizieren: Steig über den Lokaljournalismus in die Branche ein, lebe dich dort aus, bilde dich am MAZ oder anderen Institutionen weiter, schaue in andere (Mantel-)Ressorts rein und komme mit diesem Rucksack gestärkt wieder in den Lokaljournalismus zurück. Genau so habe ich es gemacht – und ich kann es auch jeder anderen Person empfehlen.»

Es werden viele Stellen im Journalismus abgebaut, auch im Lokaljournalismus. Wie sehen Sie hier die Entwicklung aus Ihrer langjährigen Erfahrung?
Muster: «Das ist eine fatale Entwicklung! Weil, wie oben erwähnt, viele Berufsleute über den Lokaljournalismus in die Branche einsteigen. Gibt es dort weniger Jobs, könnte es unter dem Strich künftig auch weniger Journalistinnen und Journalisten geben. Wer in einem Mantelressort wie Inland oder Sport startet, der macht die breite Ausbildung, die man im Lokaljournalismus erfährt, nicht durch und spezialisiert sich gleich. Das heisst: Die Medienunternehmen schneiden sich ins eigene Fleisch, wenn sie beim Lokaljournalismus abbauen.»

Was müsste für die Journalistinnen und Journalisten im Lokaljournalismus verbessert werden?
Fabian Muster: «Im Lokaljournalismus arbeitet man viel. Und kann häufig nie richtig abschalten, weil man auch in seiner Freizeit als Journalist angesprochen wird. Der Job ist also anspruchsvoll und soll dementsprechend besser bezahlt werden. Leider spielt der Markt hier viel weniger mit als bei den Manteljournalistinnen und -journalisten, weil man vielleicht nicht unbedingt von einer Region in die andere wechseln will. Oft legt einem der Arbeitgeber dann auch noch einen Wohnortwechsel nahe. Mehr Geld ist natürlich nur die eine Seite. Generell sind die Arbeitsbedingungen härter geworden: ‚Mehr und besserer Output in noch kürzerer Zeit mit weniger Leuten‘ kann nicht die Zukunft sein. Das werden sich auch die Verlage immer bewusster: Mut zur Lücke, Arbeitszeiterfassung oder Kompensationen für Überstunden sind hier beispielsweise die Stichworte. Und ebenso wichtig: Ohne Wertschätzung durch den Arbeitgeber oder die Chefin reichen der höhere Kontostand am Monatsende oder zusätzliche Goodies wie Gratis-Kaffee als Motivation nicht aus.»

Wer ist in der Verantwortung? Wer könnte Gegensteuer geben, um den Abbau im Lokaljournalismus zu bremsen?
Muster: «Allen voran natürlich die Verlage. Sie haben es in der Hand, dass der Lokaljournalismus auch in Zukunft seine wichtige staatspolitische Aufgabe wahrnehmen kann, nämlich auch auf regionaler Ebene Transparenz zu schaffen sowie Politik und Wirtschaft auf die Finger zu schauen. Oder einfach als Chronist das Geschehen in der Region festzuhalten. Zweitens wir Medienkonsumierenden: Wir müssen bereit sein, Zeitungen zu abonnieren und lokale Newsplattformen zu unterstützen. Und drittens die öffentliche Hand: Gemeinden und Kantone sollten sich überlegen, ob es aus Eigeninteresse und zur stärkeren Legitimation der Demokratie nicht besser wäre, lokale und regionale Medien zu unterstützen – sei es finanziell oder ideell. Wie Studien aus den USA zeigen, sinkt die politische Beteiligung und steigen die Fälle von Betrug und Korruption, wenn es keinen Lokaljournalismus mehr gibt.»