Das Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» publiziert in der jüngsten Ausgabe eine breit abgestützte Reportage über die intellektuellen Mittelklasse-Deutschen, die ihren Hass auf die sogenannten Mainstream-Medien wie FAZ oder «Welt», ARD und ZDF immer weiterentwickelt haben.
Früher waren diese Deutschen CDU-Mitglieder, Universitätsprofessoren und Leser der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ), wie der 37-jährige Junior-Professor Artus Krohn-Grimberghe im Beitrag ausführt. Er sei durch mit diesen Medien und er sei zornig. «Ich finde es widerlich, dass ich ständig belehrt werde, was ich zu denken habe.»
Die Stationen seiner Entfremdung kann Krohn-Grimberghe genau benennen: Die Berichterstattung über das Schuldendrama in Griechenland, die Flüchtlingskrise, die Debatte um den Atomausstieg. Was er in den deutschen Medien darüber gelesen und gesehen habe, «hat mehr mit Wunschdenken zu tun als mit der Realität», sagt er.
Lügenpresse? Das Wort mag Krohn-Grimberghe nicht. «Mir ist egal, ob Journalisten schlampig sind oder absichtlich einseitig berichten oder ob sie nur betriebsblind sind.» Lieber ist ihm das Wort Qualitätspresse in Anführungszeichen: «Qualitätspresse», sogenannte. Es ist die gebildete Version der Verachtung, meint dazu die «Spiegel»-Autorin Isabell Hülsen.
In der sechsseitigen Reportage wird auch auf NZZ-Chefredaktor Eric Gujer verwiesen, der sich mit einem Newsletter beim deutschen Leserpublikum «einschleichen» wolle und bereits bei vielen deutschen Mainstream-Medienkritiker positive Reaktionen ausgelöst hat. Offenbar auch wegen seines «No Billag»-Kommentars in der Zeitung.
Interessant sind auch die Umfragen in Deutschland: 39 Prozent der Deutschen glauben, dass Medien die Wahrheit verdrehten und Tatsachen verschwiegen, wie eine Allensbach-Umfrage ergab. Von «Lügenpresse» wollen zwar nur noch 13 Prozent sprechen, wie eine neue Studie des Instituts für Publizistik der Universität Mainz zeigt. Aber 17 Prozent vertrauen Medien grundsätzlich nicht, weitere 41 Prozent nur teilweise.
«Zu den Leserbriefschreibern, die Journalisten als `verblendete Gutmenschen`, `Idioten` und `Penner` bezeichnen, gehören Rechtsanwälte, Steuerberater, Beamte und Apotheker, klassisches Bürgertum also», heisst es in der Reportage.
Der «Spiegel»-Artikel ist mit dem vielsagenden Titel «Die Wut der klugen Köpfe» überschrieben und zeigt seismographisch eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung im Verhalten der gebildeten Mittelschichten auf.