Daniel Hügi, der analytische Organisator und nüchterne Kostenoptimierer: In den letzten zehn Jahren hat Hügi als CEO die Post-Frühzustellorganisation Presto Presse-Vertriebs AG aufgebaut und die Struktur der Firma laufend an die sich ändernden Bedingungen angepasst.
Anfang 2018 hat Hügi dann innerhalb des Post-Konzerns eine neue Aufgabe übernommen: Seit zwei Jahren leitet er interimistisch die Direct Mail Company (DMC). Im Interview mit dem Klein Report sagt Daniel Hügi, wie er die Firma für die Zustellung unadressierter Werbesendungen seither umgekrempelt hat.
Nach vielen Jahren als CEO der Presto kam der Ruf, innerhalb des Post-Konzerns zur Direct Mail Company (DMC) zu kommen: Wie lief das ab?
Daniel Hügi: «Man hat festgestellt, dass es bei der DMC finanzielle Probleme gab. Die Firma ist je länger, desto mehr ins Minus gerutscht. Man hat deshalb geschaut, wo es Handlungsbedarf gibt, und welche Möglichkeiten bestehen.»
Und so kamen Sie ins Spiel ...?
Hügi: «Ja, dann kam die Anfrage an mich, ob ich das übernehmen würde. Meine Aufgabe war die Reorganisation, ich sollte die DMC wieder auf einen grünen Zweig bringen.»
Was für ein Unternehmen haben Sie vorgefunden bei der Direct Mail Company?
Hügi: «Als Erstes habe ich festgestellt, dass eine relativ grosse Unsicherheit bestand bei den Mitarbeitenden. Man wusste, dass die finanzielle Situation nicht gerade rosig war. Aber man wusste nicht, wie die Situation genau aussieht. Es gab keine grosse Transparenz: Man sprach lediglich von Minuszahlen, es war aber unklar, ob das 100’000 Franken sind oder zwei Millionen.»
Wie konnte es zu dieser finanziellen Situation kommen?
Hügi: «Die Firma hat ein Stück weit von ihrer Vergangenheit gezehrt, als es ihr noch sehr gut ging. Die rückläufigen Zahlen konnten lange mit Akquisitionen verdeckt werden. Man hat die AWZ aus Bern oder auch die Prisma Medienservice AG gekauft, deshalb sah der Rückgang gar nicht so gross aus, wie er tatsächlich war. Der Umsatz wurde von aussen dazugekauft. Man hat darauf gesetzt, dass man so Wachstum generieren könne …»
Das hat aber nicht funktioniert. Sind Sie deshalb als Troubleshooter, als Reorganisator zur DMC gekommen?
Daniel Hügi: «Nein, das kann man so nicht sagen, so etwas wie ein Troubleshooter für den Post-Konzern bin ich nicht. Man wusste aber, dass die Presto einen guten Job gemacht hat und heute als Unternehmen gut unterwegs ist. Der Verwaltungsrat der DMC dachte deshalb, dass ich bei der DMC aufgrund meiner Erfahrungen bei der Presto auch etwas bewirken könnte.»
Welches waren Ihre Lösungsansätze für die DMC?
Hügi: «Ziel war es, aus der Negativspirale auszubrechen. Es ging zunächst um das Krisenmanagement. Der Overhead musste möglichst schnell überprüft werden, die Effizienz wurde angeschaut. Schlussendlich mussten ziemlich massive Eingriffe vorgenommen werden. Das hat zu Entlassungen geführt.»
Gab es weitere Punkte, die Sie aufgrund des Kostendrucks umgestellt haben?
Hügi: «Es ging darum, sämtliche Ausgabepositionen zu röntgen: Was ist wirklich wichtig für die Firma, was ist unwichtig? Das fängt bei irgendwelchen Abos für irgendwelche Zeitungen an, die niemand liest, und geht weiter bis hin zu grösseren externen Beratungs- oder Schulungsmandaten, die gar nicht nötig waren und zusammengestrichen wurden. Dann ging es um die grossen Beträge, auch hier wurde überprüft, ob man irgendetwas bewegen könnte.»
Was haben Sie bei den grossen Ausgabepositionen geändert?
Hügi: «Als Erstes angegangen wurde der Druck des ‚Consumo’, das war ein ganz grosser Ausgabeposten. ‚Consumo’ wurde bisher über eine Agentur in Deutschland gedruckt. Dann haben wird eine Möglichkeit gefunden, das wieder in die Schweiz zu nehmen - erstaunlicherweise zu massiv besseren Konditionen! Jetzt lassen wir ‚Consumo’ bei Vogt Schild drucken. Der Deal, den wir aushandeln konnten, hat uns extrem geholfen, das war ein grosser Posten. Hinzu kommt der Vorteil, dass wir jetzt näher an der Druckerei dran sind.»
Und sonst …?
Hügi: «Wir haben angefangen, auch Mietflächen anzuschauen. Lagerräume in Basel wurden geschlossen und nach Niederbipp verlagert, wo wir genug Platz haben. Auch Standorte wurden zusammengelegt: Wir von der DMC teilen uns jetzt die Räumlichkeiten mit Presto. Vorher hatten DMC und Presto ihre eigenen Räume, jetzt genügt ein gemeinsamer Raum. Das hatte massive Einsparungen zur Folge.»
Sie haben seit Ihrem Stellenantritt in vielen Bereichen den Rotstift angesetzt. Aktuell hat die DMC etwa 3500 Zustellerinnen und Zusteller. Wie wird sich diese Zahl verändern?
Hügi: «Unsere Zustellerinnen und Zusteller laufen jeden Haushalt ab, der keinen ‚Stopp Werbung’-Kleber am Briefkasten hat. Wir können die Touren nicht verkleinern, selbst wenn wir plötzlich weniger Directs im ‚Consumo‘ drin haben. So gesehen sind wir in diesem Bereich statischer als bei Presto.»
Ab Anfang 2020 soll neu aber nur noch einmal pro Woche zugestellt werden statt wie bisher an zwei Lauftagen, was natürlich auch die Angestellten betreffen wird …
Daniel Hügi: «Das ist ein grosser Schritt, den wir machen. Wir verteilen nur noch am ersten Lauftag, der zweite wird gestrichen. Das hat natürlich Auswirkungen. Wir müssen keine Leute entlassen, aber die Zustellerinnen und Zusteller verdienen weniger, weil sie schlussendlich nur noch an einem Tag unterwegs sind.»
Die Streichung der Lauftage führt auch dazu, dass Gratiszeitungen zwangsläufig gleichzeitig im Briefkasten landen wie «Consumo». Wie haben die Verleger auf diese Veränderung reagiert?
Daniel Hügi: «Es kam die Frage auf, wie die Gratiszeitungen jetzt zugestellt werden sollen, die nicht am ersten Lauftag verteilt werden möchten. Wir haben dann angeboten, dass diese Verleger zu Presto oder zur Post wechseln können. Presto bewegt sich in einem ähnlichen Preisrahmen wie DMC.»