Wer hat sich am besten und mit aller Macht gegen Transparenz gestemmt?
Zur Auswahl für die grösste Informationsverhinderung stehen dieses Jahr «Der geheime CS-Deal: Finanzministerin Karin Keller-Sutter», «Die untransparenten Preise: Migros» und «Die verweigerten Stellungnahmen: Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr».
Der Siegerin oder dem Sieger winkt der Goldene Bremsklotz 2023.
Zu den drei Spitzenkandidaten gehört im Ranking von investigativ.ch weit vorne FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter. «Obwohl die Öffentlichkeit beim Zusammenbruch der Credit Suisse und der anschliessenden Übernahme durch die UBS mit 209 Milliarden Franken haftete, wird ihr der Zugang zu relevanten Informationen verwehrt», schreibt der Verband investigativ.ch.
«Der Bundesrat – und mit ihm an vorderster Front die federführende Finanzministerin Karin Keller-Sutter – hat gestützt auf eine Notverordnung gehandelt und viele Aspekte des Falls zur Geheimsache erklärt. Informationen, vor allem bezüglich Liquiditätshilfen und Ausfallgarantien, werden geheim gehalten.» Anfragen von Medienschaffenden werden reihenweise abgelehnt.
Für den Investigativ-Club ist dieses Vorgehen staatspolitisch bedenklich. «In dieser Krise wäre maximale Transparenz erforderlich gewesen. Es ist unverständlich, weil das Öffentlichkeitsgesetz ausreichende Schutzmechanismen auch für diese ausserordentliche Situation geboten hätte. Eine solche Geheimhaltungspolitik gefährdet das Vertrauen in die Regierung, insbesondere in einer Zeit, in der Vertrauen eine Schlüsselrolle spielt.»
Bezüglich Öffentlichkeitsgesetz erinnert investigativ.ch daran, dass bereits im September 2022 der Bundesrat das Öffentlichkeitsgesetz ausser Betrieb genommen habe, als es um einen Rettungsschirm für die Elektrizitätswirtschaft ging. Damals war SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Lead.
Auch der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes (Edöb), Adrian Lobsiger, hatte diese Vorgehensweise kritisiert und auf grundsätzliche Rechtsfragen hingewiesen.
Lobsiger kritisierte auch in der Causa Credit Suisse das Vorgehen der Regierung. Er sehe keine Notwendigkeit für die Aufhebung des Öffentlichkeitsgesetzes durch eine Notverordnung. Weil die Regierung die Rolle der Medien im CS-Fall eingeschränkt hat, sind beim Edöb Schlichtungsverfahren hängig.
Auch die Staatspolitische Kommission des Nationalrats forderte die Regierung auf, Transparenz wieder herzustellen und die Klausel zu streichen, die den Zugang zu relevanten Dokumenten im CS-Fall beschränkt. «Sie warnte davor, das Wegschliessen von Akten per Notrecht zur Regel zu machen», schreibt investigativ.ch.
Und weiter: «Die Regierung argumentiert, dass die Geheimhaltung aufgrund der Sensibilität der Geschäftsinformationen und des potenziellen Risikos für den Rettungsdeal notwendig gewesen sei. Mit einer per Notrecht erlassenen Wegsperrklausel wollte die Regierung Rechtssicherheit schaffen. Die Klausel sollte sicherstellen, dass die Behörden von den betroffenen Banken alle relevanten Informationen zeitnah erhalten und dass es wegen Zugangsgesuchen zu keinen Verzögerungen kommt.»
Das sehen einige Experten und Rechtsprofessoren anders. Sie fordern, dass der Bundesrat die relevanten Unterlagen offenlegen müsse. «Der Zürcher Rechtsprofessor Andreas Kley argumentiert, dass die demokratische Ordnung und die Rechtssicherheit wichtiger seien als jede Bank», schreibt investigativ.ch dazu.
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) verzichtet auf eine Stellungnahme und weist darauf hin, dass die von investigativ.ch kritisierten Entscheide vom Gesamtbundesrat gefällt worden sind.
Am 11. Oktober findet nun die erste Anhörung der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Kollaps der Grossbank Credit Suisse statt. Unter anderen muss auch die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) antraben.