Kaum jemand kennt das Innere von Tamedia besser als Christoph Zimmer: Im Interview mit dem Klein Report erklärt er, weshalb das Medienhaus, das er während zwölf Jahren kommunikativ begleitet hat, zuletzt immer wieder im Fokus öffentlicher Kritik stand.
Wann und wieso ist bei Ihnen der Entschluss gereift, dass Sie Tamedia verlassen wollen?
Christoph Zimmer: «Ich hatte die vergangenen zwölf Jahre eigentlich immer das Gefühl, einen der interessantesten Jobs zu haben, den man als Leiter Kommunikation haben kann. Das hat sich bis heute nicht geändert. Aber nach zwölf Jahren ist es an der Zeit, eine neue Aufgabe zu übernehmen, und als sich die Gelegenheit ergab, mit der ganzen Familie ein halbes Jahr im Ausland zu verbringen, war für mich der Entscheid klar.»
Inwiefern spielte die besondere Belastung und das zunehmend kritische Bild von Tamedia in der Öffentlichkeit seit der Umstrukturierung eine Rolle?
Zimmer: «Mein Schritt ist rein persönlich und hat nichts mit Tamedia zu tun. Die Wahrnehmung von Tamedia und der Medien ist aus meiner Sicht nicht per se kritisch, aber dass insbesondere die anderen Medien aufmerksam verfolgen, was bei der grössten privaten Mediengruppe des Landes passiert, ist normal.»
«Die Herausforderungen sind riesig, aber wenn es ein Medienunternehmen in der Schweiz schafft, mit regionalen Zeitungen und Newsportalen auch weiterhin Geld zu verdienen und damit hoffentlich auch ein Umfeld zu schaffen, in dem das anderen Medienhäusern ebenfalls gelingt, dann ist das Tamedia. Und daran müssten alle ein Interesse haben, denen etwas an einer starken Medienlandschaft liegt.»
Welches sind Ihre persönlichen Highlights der Zeit bei Tamedia?
Zimmer: «Es gab wirklich sehr, sehr viele, vor eineinhalb Jahren zum Beispiel der neue Markenauftritt von Tamedia, 2013 der Bau des neuen Medienhauses oder vorletztes Jahr das Mitarbeitendenfest.»
Wie haben Sie in dieser Zeit die Öffentlichkeitsarbeit erlebt? Hat sich der Umgang verändert?
Zimmer: «Die klassischen Medien haben in den letzten Jahren einen Teil ihrer Deutungshoheit verloren, das wirkt sich natürlich auch auf die Medienarbeit aus. Gleichzeitig ist mein Eindruck, dass die Öffentlichkeit in den letzten ein, zwei Jahren unabhängigen Journalismus wieder verstärkt schätzen gelernt hat. Dafür spricht auch das Wachstum der digitalen Abonnemente bei Tamedia, genauso wie die Tatsache, dass die Auseinandersetzung mit den grossen, internationalen Tech-Unternehmen kritischer oder auch einfach realistischer geworden ist, dank Recherchen der Medien.»
Welches waren die heikelsten Phasen, die Sie kommunikativ begleitet haben?
Christoph Zimmer: «Schwierig wurde es immer dann, wenn ein Konflikt so stark polarisierte, dass eine sachliche Diskussion gar nicht mehr möglich war. Das war beispielsweise in meiner Wahrnehmung während der `No Billag`-Abstimmung der Fall. Ich hoffe, dass nun nach dem klaren Entscheid eine vernünftigere und sachlichere Diskussion möglich ist.»
Gibt es Vorgänge, die Sie im Nachhinein anders kommunizieren würden?
Zimmer: «Klar, ich habe viele Fehler gemacht und werde auch weiterhin Fehler machen, jede andere Einschätzung wäre weltfremd. Ich hoffe aber auch auf Verständnis dafür, dass ich jetzt nicht alle meine Fehler im Klein Report ausbreite.»
Ab Juli gehen Sie mit Ihrer Familie ins Sabbatical: Weshalb Barcelona?
Zimmer: «Wir haben nach einer Stadt mit einer guten Schule für unsere Kinder gesucht, die von Zürich aus gut erreichbar ist und in der wir uns vorstellen können, ein halbes Jahr zu leben. Barcelona war dann unsere erste Wahl und ich freue mich sehr, dass das klappt. Darüber hinaus ist Barcelona übrigens, aber das spielte für unsere Entscheidung keine Rolle, auch ein interessanter Medien-, Start-up- und Technologie-Standort.»
Ist es vorstellbar, dass Sie danach wieder - allenfalls in einer anderen Funktion - zu Tamedia zurückkehren?
Zimmer: «Ich habe wirklich noch keinerlei Pläne, aber ich schliesse auch überhaupt nichts aus.»
Also können Sie sich auch vorstellen, künftig für Ringier, die NZZ oder die SRG zu arbeiten?
Christoph Zimmer: «Ich werde heute wie gesagt nichts ausschliessen. Aber bis Ende Juni bin ich nun noch bei Tamedia und wir haben bis dahin noch einiges vor, unter anderem das Mitarbeitendenfest im Mai sowie eine grosse interne Journalismuskonferenz.»