Schuldig, nicht schuldig, doch schuldig: Das Bundesgericht hat den Freispruch für Arthur Rutishauser aufgehoben. In seiner Berichterstattung über den Korruptionsfall bei der Zürcher Pensionskasse BVK 2012 habe sich der heutige Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» der «Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen» schuldig gemacht, fanden die Richter in Lausanne.
Sowohl das Zürcher Bezirks- wie auch das Obergericht hatten Rutishauser freigesprochen und die 800-Franken-Busse, zu der ihn das Statthalteramt verdonnert hatte, aufgehoben. Für die beiden Gerichte bestand ein Interesse an der Veröffentlichung der Inhalte aus dem Schlussbericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK), noch bevor dieser der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Mit dem am Montag veröffentlichten Urteil wird der Freispruch hinfällig.
Rutishauser hatte im «Tages-Anzeiger» am 28. August und am 10. September 2012 aus dem Schlussbericht zitiert, den die PUK zu diesem Zeitpunkt noch unter Verschluss hielt. Ein No-Go fürs Bundesgericht: Die Veröffentlichung sei «weder notwendig noch der einzig mögliche Weg zur Information der Bevölkerung» gewesen, so die Argumentation, «da der Schlussbericht ohnehin, wie der Beschwerdegegner wusste, wenige Wochen später veröffentlicht werden sollte».
Das Gericht will mit ihrem Urteil die reibungslose Arbeit der PUK schützen, die durch die vorzeitige Veröffentlichung hätte gestört werden können. Die Meinungen innerhalb der Untersuchungskommission seien zum Zeitpunkt von Rutishausers Artikeln noch nicht ausgereift gewesen. «Wenn geheim erklärte Verhandlungen ohne Notwendigkeit und Dringlichkeit ungestraft veröffentlicht werden dürften, hätte dies negative Auswirkungen auf die Tätigkeit von Untersuchungskommissionen», so das Gericht.
Dies könne nicht im öffentlichen Interesse liegen. Die Arbeit einer parlamentarischen Untersuchungskommission müsse vertraulich sein. «Nur unter dieser Voraussetzung ist es den Beteiligten möglich, frei und ohne Einflüsse von aussen eine konstruktive Arbeit zu leisten und auch Kompromisse einzugehen.» Daher gebe es ein «grosses allgemeines staatliches Interesse an der Geheimhaltung der Arbeit einer PUK» wie jener im Fall des Zürcher Pensionskassenskandals, so der Standpunkt des Bundesgerichts.