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Donnerstag
23.02.2017

Medien / Publizistik

Vier akkreditierte Medienvertreter klagten erfolgreich gegen ihren Ausschluss von einem Strafrechtsprozess: Das Bundesgericht kritisierte am Mittwoch das Zürcher Obergericht, das die Verhandlungen im Geheimen abgehalten hat, mit deutlichen Worten und gab den klagenden Journalisten vollumfänglich Recht.

In einem Fall, der sich im Januar 2013 im Bezirk Pfäffikon ereignete, wurde ein Mann von zwei maskierten Tätern angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Ermittlungen der Polizei ergaben, dass es sich bei einem der Täter um den Liebhaber der Ehefrau des schwer verletzten Mannes handelte.

Das Verdikt der Bezirksrichter in Pfäffikon war klar: Sie verurteilten sowohl die Frau als auch ihren Liebhaber wegen versuchter vorsätzlicher Tötung. Später erhöhte das Zürcher Obergericht, bei dem Berufung eingelegt wurde, den Strafrahmen. Die Richter gelangten zur Ansicht, dass das versuchte Delikt besonders skrupellos war – aus versuchter Tötung wurde versuchter Mord.

Sowohl vom Verfahren vor Bezirksgericht als auch vor der Berufungsinstanz wurden Presse und Öffentlichkeit vollständig ausgeschlossen. Das Obergericht begründete den Ausschluss damit, dass die Kinder des Opfers und der Täterin erneut traumatisiert würden.

Insgesamt vier Medienvertreter klagten daraufhin vor dem Bundesgericht gegen die Geheimhaltung der Gerichte, darunter die «Neue Zürcher Zeitung». «Nicht nur der Inhalt, auch die Tonalität des höchstrichterlichen Entscheids sollte dem Obergericht zu denken geben», schreibt die NZZ am Mittwoch mit Genugtuung.

Denn das Bundesgericht stützte die Klage der Journalisten vollumfänglich. So war bei der Entscheid-Fällung von einem «Affront» gegenüber den Journalisten und von einer «Kabinettsjustiz» die Rede, wie die NZZ schreibt.

Die fünf Bundesrichter betonten einhellig die Wichtigkeit der in der Bundesverfassung verankerten Justizöffentlichkeit und die Wächterfunktion der Medien. Eine Einschränkung der Öffentlichkeit sei nur in sehr seltenen Fällen geboten, etwa wenn es um den Schutz der Intimsphäre des Opfers gehe.

Das Urteil des Bundesgerichts: Das Zürcher Obergericht hat mit dem Ausschluss von Medien und Öffentlichkeit unverhältnismässig gehandelt. Deshalb muss den betroffenen Journalisten nun das Urteil «in anonymisierter Form» ausgehändigt werden und das Obergericht müsse «seinen Umgang mit den Medien wohl gründlich überdenken», wie die NZZ süffisant berichtet.