Eine von Beratern fehlgeleitete Geschäftsführung und eine Hinweisgeberin, die «ohne Wertschätzung» behandelt worden ist: Das sind zwei der Ergebnisse, die die Untersuchungen bei der «Republik» nach den Belästigungsvorwürfen ergeben haben.
Am 24. August ist durch einen Bericht des SRF bekannt geworden, dass sechs Frauen gegen einen Republik-Mitarbeiter den Vorwurf sexueller Belästigung erheben. Zwei Monate später liegen nun die Ergebnisse jener Untersuchungen auf dem Tisch, die das Onlinemagazin drei Wochen nach der SRF-Enthüllung in Auftrag gegeben hat.
Auf die Hauptergebnisse angesprochen, nannte Verwaltungsrat Michel Huissoud gegenüber dem Klein Report zwei Punkte. Da ist einmal der Frühling 2018, als die «Republik» eine Hinweisgeberin «unangebracht und ohne Wertschätzung behandelt sowie keine geeigneten Massnahmen ergriffen» habe, um «künftige sexuelle Belästigungen im Arbeitsumfeld möglichst zu vermeiden».
Konkret ging es um ein Mittagessen unter fünf «Republik»-Journalistinnen und -Journalisten Ende März 2018, als eine Teilnehmerin warnte, sie hätte gehört, der künftige Redaktor hätte Frauen ausserhalb der Republik AG sexuell belästigt. Die Redaktionsleitung entschied, den Vorwürfen nicht weiter nachzugehen.
Stattdessen schrieb sie in einer E-Mail an die Teilnehmenden des Mittagessens: «Wir möchten seitens der Redaktionsleitung in aller Deutlichkeit festhalten, dass wir Vorkommnisse dieser Art als Arbeitgeber nicht akzeptieren. Damit wird die Zusammenarbeit im Haus vergiftet mit Vorhaltungen via Drittpersonen.»
Diese Untersuchung wurde von Rechtsanwältin und Compliance-Beraterin Helke Drenckhan und Wirtschaftskriminalist Lukas Fischer durchgeführt.
Zum Zweiten nennt Huissoud den Sommer 2023: Da habe sich die Geschäftsführung bei der Behandlung der eingegangenen Verdachtsmeldungen «nach bestem Wissen und Gewissen und entsprechend ihrer Pflicht engagiert, sich aber durch die rechtliche Beratung bei ihren Entscheidungen fehlleiten» lassen.
Die totale Erneuerung des Verwaltungsrats ab dem 1. August 2023 habe eine «zusätzliche Schwierigkeit in der Kommunikation» dargestellt. «Der Verwaltungsrat erneuert sein volles Vertrauen in die Geschäftsführung», so Michel Huissoud, der wie seine drei Mitstreiter seit Anfang August im Verwaltungsrat des Onlinemagazins sitzt.
Aufgrund der auf der Meldeplattform eingegangenen Meldungen haben der Verwaltungsrat und die Geschäftsführung am 3. Oktober 2023 entschieden, sich per sofort vom beschuldigten Mitarbeiter zu trennen.
Insgesamt haben circa 20 Personen 35 Meldungen abgegeben. In etwa der Hälfte der Fälle kam es zu einem Dialog zwischen diesen Personen und den vom Verwaltungsrat beauftragten Experten.
Gemäss einer Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse war ihnen teilweise die Identität bekannt, teilweise waren die Meldungen anonym. Sie erhielten aber auch Meldungen von Zeuginnen und Zeugen, die etwas selbst gesehen haben, oder denen etwas zugetragen wurde. «Dadurch lassen sich auch anonyme Meldungen plausibilisieren», heisst es in dem Papier weiter.
Auf die Schlussfolgerungen angesprochen, die die «Republik» aus der Affäre zieht, sagte der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle, Michel Huissoud, weiter: «Die Republik AG hat seit Beginn ihrer Geschichte alle Energie darauf verwendet, ihren Platz in der Medienwelt einzunehmen und in diesem komplexen Sektor zu überleben. Die Effizienz der internen Organisation und die Harmonie der zwischenmenschlichen Beziehungen haben dabei leider teilweise gelitten.»
Seit Herbst 2022 engagiere sich die neue Geschäftsführung dafür, die Situation zu verbessern. Der Kulturwandel sei im Gange und «wurde durch die aktuelle Krise beschleunigt», so Huissoud.
Der seit drei Monaten amtierende «Republik»-Verwaltungsrat sagt sogar: «Die Krise ist vorbei.»