«Abspecken, entbündeln und privatisieren»: Die Denkfabrik Avenir Suisse fordert im digitalen Zeitalter radikale Reformen bei der Schweizerischen Post. Der postalische Service public müsse neu definiert werden, plädiert Avenir-Suisse-Wettbewerbsökonom Samuel Rutz in einer neuen Studie.
Beim klassischen Postgeschäft soll insbesondere das letzte Restmonopol abgeschafft werden, das die Post auf Briefe bis 50 Gramm Gewicht hat. So werde der Wettbewerbsdruck erhöht und «die Tür für eine Modernisierung des Postsektors geöffnet», schreibt Avenir Suisse.
Unternehmensbereiche, die nichts mit dem Versand von Briefen oder Paketen zu tun haben, sollen vollständig privatisiert werden. Die PostFinance, die keine Kredite und Hypotheken vergeben darf, soll «aus ihrem Regulierungskorsett» befreit werden, indem die Geschäfte in eine private Aktiengesellschaft überführt werden.
«Auch der überholte Grundversorgungsauftrag im Bereich des Zahlungsverkehrs gehört abgeschafft - er ist ein Kind aus einer anderen Zeit», findet Wettbewerbsökonom Samuel Rutz, der das Forschungspapier «Postalische Grundversorgung im digitalen Zeitalter - Den Service public neu denken» verfasst hat.
Genauso wie PostFinance soll auch die Postauto AG, die keinen Grundversorgungsauftrag hat, «privatisiert und verkauft» werden, verlangt Avenir Suisse weiter.
Alles nur alter Wein in neuen Schläuchen? Gemäss der Gewerkschaft Syndicom sei die Forderung der «liberalen Denkanstalt» Avenir Suisse nach einer Privatisierung der postalischen Grundversorgung «altbekannt und fantasielos» und eine Kampfansage an einen starken Service public.
«Kommunikationswege, Finanzinfrastruktur und Logistiknetze sind zentral für das Funktionieren einer Wirtschaft und für eine selbstbestimmte Bevölkerung. Wer es aus seinen Händen gibt, überlässt es internationalen profitorientierten Unternehmen und begibt sich in eine unerwünschte Abhängigkeit», mahnte David Roth, Zentralsekretär im Sektor Logistik bei Syndicom.