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Sonntag
14.05.2023

Medien / Publizistik

Was im Titel wie eine schöne Lovestory klingt, entwickelt sich zu einem Mediendrama mit allen Zutaten für einen Thriller...       (Bild: Buch-Cover)

Was im Titel wie eine schöne Lovestory klingt, entwickelt sich zu einem Mediendrama mit allen Zutaten für einen Thriller... (Bild: Buch-Cover)

Am Montag erscheint das Buch «Anuschka und Finn – Die Geschichte eines Medien-Skandals». Verfasst hat es Roger Schawinski in der Rekordzeit von nur vier Wochen. Angetrieben war der Medienpionier von einem Artikel im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» vom 4. Februar, der ihm sauer aufgestossen ist.

Dort warf die frühere «Magazin»-Journalistin Anuschka Roshani ihrem ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica schwerwiegenden Machtmissbrauch vor.

Der Fall wirbelte die Medienbranche auf und der Sturm wird sich wohl nicht so schnell wieder legen. Nach der Publikation von Schawinskis Buch könnten sich die Winde sogar zu einem Taifun entwickeln. Und dies in die verschiedensten Richtungen.

Der Klein Report hat das Buch in einem Vorabdruck bekommen. Redaktor Andreas Panzeri hat es in einem Zug durchgelesen. Hier seine spontanen Gedanken:

171 Seiten Hochspannung, Intrigen, Machtkämpfe, Betrügereien, falsche Eitelkeiten, enttäuschte Freundschaften. Alles, was es für einen Gesellschaftsroman braucht. Aber das tatsächlich wie ein Roman zu lesende Buch ist keine Fiktion, sondern faktenreich recherchiert, spannend wie ein Krimi erzählt und emotionell wie eine Lovestory.

Die leidenschaftliche Zuneigung dieser Liebesgeschichte gilt allerdings nicht einem Menschen, sondern einer gesellschaftlich relevanten Medienwelt.

Schawinski, der das Privatradio in der Schweiz erfunden hat, überregionales Fernsehen machen wollte und in Deutschland bei Sat.1 seine Karriere auch noch international krönen durfte, lässt in seinem Enthüllungs-Thriller «Anuschka und Finn» auch seine eigene Geschichte immer wieder an passenden Stellen durchblicken.

Die Einschübe setzen vieles aus der aktuellen «Magazin»-Geschichte in eine medienpolitische Relation. Schawinski kennt sich aus mit illustren Namen. Und er hat keine Angst, diese in seinem neusten Buch auch zu nennen. Was ihm garantiert noch einigen Ärger einbringen wird. Es ist wohl auch deshalb, dass er seinen medienpolitischen Rundumschlag im Eigenverlag bei Radio 1 herausgeben musste.

Der «Kassensturz»-Erfinder geizt in seinem Buch auch nicht mit Zahlen. Man kann unter vielen anderen lesen, wieviel ein «Magazin»-Chefredaktor verdient, nämlich 154’000 + einen Bonus bis 30’000. Transparent wird auch, wieso Schawinski sein Haus am Zürichberg «Villa Coninx» nennt, weil er Hans Heinrich Conix für TeleZüri einmal ein paar Millionen abknöpfen konnte.

Es ist ein amüsantes Detail im Kapitel über Pietro Supino, dass der heutige Verwaltungsratspräsident der TX-Group ihn damals auf die Idee zum Total-Verkauf seines 24er-Imperiums brachte, als Supino noch als ein ehemaliger McKinsey-Mann ein Family Office als «Private Client Bank» betrieb.

Der Deal machte Schawinski reich. Er konnte es somit verschmerzen, dass er bei einem Investment in den damals serbelnden Verlag Kein&Aber gut gemeinte 1,8 Millionen ans Bein streichen musste. Die Enthüllungen zwischen den Zeilen um diese Story der Literatur aus dem Verlag von Peter Haag werden in den kommenden Tagen die Zürcher Kulturszene noch einmal etwas aufrütteln.

Aber was hat das alles mit «Anuschka und Finn» zu tun?

Nun, Peter Haag, der Kopf hinter Kein&Aber, ist der Ehemann von Anuschka Roshani. Und Schawinski entwickelt hier einen Spürsinn schon fast so wie eine Donna Leon, wenn er zuerst unscheinbaren Zusammenhängen nachgeht und dann plötzlich bei einem Abtaucher in London landet.

Ach ja, zu sagen wäre noch, dass in «Anuschka und Finn» ganz schön viel über die MeToo-Problematik zu lesen ist. Geschrieben allerdings nicht von diesem sattsam bekannten «alten weissen Mann», sondern von einem weisen – und trotz seinen 77 Jahren erfrischend jung denkenden Mann der «Tat».

PS.: Anuschka wird am Buch weniger Freude finden können als Finn.