Andreas Häuptli verlässt den Verlegerverband (VSM) nach sechseinhalb Jahren. «Als Funktionär», wie er sich in seinem letzten Mail an die Verbandsmitglieder selber betitelt, sei er «gerne raus zu den Mitgliedern gegangen, um zu erfahren, wo der Schuh drückt». Ihn selber hat der Schuh mit Verbandspräsident Pietro Supino an der Spitze immer mehr gedrückt.
Häuptli wechselt zum Touring Club Schweiz (TCS), wo er in Zukunft als Geschäftsführer die Sektion Zürich leitet.
Kai Vogt, Jonathan Progin und Ursula Klein haben dem abtretenden Geschäftsführer ein paar Fragen unter anderem zu seinen schwierigsten Aufgaben, dem Medienförderpaket und dem schwindenden Einfluss des Verbandes gestellt.
Wie blicken Sie auf Ihre Zeit als VSM-Geschäftsführer zurück? Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Andreas Häuptli: «Der Abschied fällt mir vor allem wegen all den Persönlichkeiten schwer, die ich in den letzten sechseinhalb Jahren kennengelernt habe. Ansonsten geht jetzt eine Phase zu Ende. Das ist eine gute Zeit für meinen Abschied. Das Medienpaket ist auf der Zielgeraden und sollte auch ins Ziel kommen. Meinem Nachfolger Stefan Wabel wird es aber sicher nicht langweilig #zwinkersmiley.»
Was war in den mehr als fünf Jahren als VSM-Chef Ihre schwierigste Aufgabe? Und auf welche Ihrer Leistungen sind Sie besonders stolz?
Häuptli: «Herausfordernd war es sicher, die Interessen der Mitglieder zu bündeln. Aber das macht die Faszination der Verbandsarbeit ja auch aus. Man muss Menschen mögen, Geduld aufbringen, aber vor allem auch permanent an der eigenen Argumentation arbeiten. Besonders stolz bin ich auf das, was wir im Team erreicht haben. Vor einem Jahr haben wir eine Corona-Nothilfe für die Presse erwirkt. Da haben wir von der Geschäftsstelle über das Präsidium bis zu den Verlegern einen immensen Kraftakt im Lobbying geleistet.»
Im Februar hat der VSM für grosses Aufsehen gesorgt, als der Verband das Medienförderpaket mit Dringlichkeitsrecht durchboxen wollte. Stehen Sie immer noch hinter dieser Forderung?
Andreas Häuptli: «Dringlichkeitsrecht ist wohl nicht der Weg. Dringlichkeit ist aber auf jeden Fall angezeigt. Gerade jetzt läuft der Werbemarkt wieder überaus harzig. Eine Planungssicherheit ist damit nicht gegeben. Das ist gerade in einer Zeit, in der man das Tagesgeschäft am Laufen halten muss und auch noch die grosse Transformation hin zum Digitalen über die Bühne bringen sollte, eine wahnsinnig schwierige Zeit für die Verlage.»
Unter Ihrer Ägide hat der Verlegerverband an Einfluss verloren, an Einigkeit eingebüsst und hat mit dem Verband Medien mit Zukunft Konkurrenz bekommen. Wie kann sich der VSM künftig behaupten?
Häuptli: «Das sehe ich ganz anders. Bezüglich der Interessenvertretung in der Medienpolitik haben wir den VSM in den letzten Jahren zu einer sehr starken Organisation gemacht, der heute viele Türen offen stehen, die wir früher nicht mal kannten.»
Die Medienbranche ist bekanntlich in einer sehr schwierigen Phase: Welche politischen Änderungen wünschen Sie sich für die Branche?
Häuptli: «Zuerst muss jetzt das medienpolitische Paket in seiner definitiven Form verabschiedet werden. Danach wird unter anderem auch das Leistungsschutzrecht wieder ein Thema. Da ist international einiges im Gange.»
Was geben Sie ihrem Nachfolger Stefan Wabel mit auf den Weg?
Andreas Häuptli: «Stefan Wabel kennt den Verband schon aus den Arbeitsgruppen, in denen er mitgearbeitet hat, sehr gut. Er kommt direkt aus dem Tagesgeschäft. Ihm muss ich keine Tipps geben. Er weiss, was zu tun ist.»
Welche Printzeitungen und Onlinemedien konsumieren Sie heute?
Andreas Häuptli: «Bis heute hatte ich natürlich über den VSM Zugriff auf alle Zeitungen unserer Mitglieder. Das wird sich jetzt ändern. Mein Medienkonsum wird sich beruflich sicher mehr auf den Kanton Zürich konzentrieren. Als Aargauer Expat bleibe ich aber meinem Abo der ‚Schweiz am Wochenende‘ treu. Zudem werde ich wohl eine Sonntagszeitung in Papierform abonnieren.»
Sie wechseln vom Presse- zum Motorenverband: Was werden Ihre Hauptaufgaben als Geschäftsführer des TCS Zürich sein?
Häuptli: «Einerseits muss der TCS die Jungen erreichen, die aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der Mobilität und der gestiegenen Sensibilität für Umweltthemen ganz anders ‚unterwegs‘ sind als wir früher. Andererseits - und da wird es auf jeden Fall auch wieder intensiv - werde ich mich in der Verkehrspolitik engagieren. In dem Bereich ist ja in der Stadt Zürich immer viel los. Und natürlich bin ich gerade im Politischen auf ein funktionierendes Mediensystem angewiesen. Ich freue mich sehr auf dieses Roadmovie, in das ich nun eintauche.»