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Donnerstag
14.04.2022

Medien / Publizistik

Doppelbeschwerde beim Presserat: Die Reportage sei eine «Heiligsprechung von Pierre Krähenbühl», warf «Weltwoche»-Autor David Klein der RTS-Journalistin Anne-Frédérique Widmann vor. (Bild Screenshot RTS)

Doppelbeschwerde beim Presserat: Die Reportage sei eine «Heiligsprechung von Pierre Krähenbühl», warf «Weltwoche»-Autor David Klein der RTS-Journalistin Anne-Frédérique Widmann vor. (Bild Screenshot RTS)

Ende 2020 berichtete das Westschweizer Fernsehen RTS in der Sendung «Temps Présent» über Pierre Krähenbühl. Der ehemalige Schweizer Spitzendiplomat trat damals als Leiter des UNO-Hilfswerks für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) zurück. 

Verantwortlich für den Beitrag waren die RTS-Journalistin Anne-Frédérique Widmann und der Regisseur Xavier Nicol; Widmann ist seit Anfang 2021 Mitglied des Presserats.

Gegen den Beitrag beschwerte sich «Weltwoche»-Autor David Klein beim Presserat. Er monierte vor allem die Auswahl der Experten. Sie seien antiisraelisch eingestellt, und dies sei nicht transparent gemacht worden – was bedeute, dass der Beitrag wichtige Informationen unterschlagen und die Wahrheitspflicht verletzt habe. 

Alles in allem sei die Reportage eine «Heiligsprechung von Pierre Krähenbühl und eine Reinwaschung der institutionell antisemitischen UNRWA».

«Nach eingehender Diskussion» hat das Selbstkontrollorgan die Beschwerde nun abgewiesen. Es sei «eine Vielzahl von Stimmen zu Krähenbühl und zur UNRWA zu hören gewesen». Ausserdem ist es für den Presserat okay, dass RTS auf gewisse Elemente des israelisch-palästinensischen Konfliktes nicht näher eingegangen ist. Dies, weil der Werdegang von Krähenbühl im Zentrum der Reportage gestanden habe. 

Was die Einordnung der einzelnen Stimmen betrifft, habe kein Zweifel entstehen können, wer welche Position vertritt.

Der vor dem Presserat unterlegene «Weltwoche»-Autor David Klein hatte seine Kritik auch in dem Wochenmagazin veröffentlicht. Die am 3. März 2021 veröffentlichte Medienkritik war mit «Schweizer Fernsehen nimmt Partei» überschrieben und handelte davon, wie «SRF-Journalistin (sic!) und Presserats-Mitglied Anne-Frédérique Widmann einen einseitigen Film über den Schweizer Nahost-Diplomaten Pierre Krähenbühl dreht».

Klein warf Widmann in seinem «Weltwoche»-Text eine «antiisraelische» Haltung vor. Die Gesprächsparnter seien einseitig ausgewählt worden. Der Autor erwähnte auch, dass gegen diesen Fernsehbeitrag bereits Beschwerden beim Presserat und bei der SRG-Ombudsstelle hängig seien. Dass der Autor die Beschwerden selber eingereicht hat, erwähnt er nicht.

Gegen diesen Beitrag zog wiederum die RTS-Journalistin vor den Presserat. Das Gremium sieht allerdings weder einen Verstoss gegen die Wahrheitspflicht seitens der «Weltwoche», noch sieht es die Anhörungspflicht verletzt, weil der Autor die RTS-Redaktion vorgängig um eine Stellungnahme gebeten hatte.

Der «Weltwoche»-Autor verstiess jedoch gegen den Berufskodex, weil er es unterlassen hatte, aufzudecken, dass nicht irgendjemand Beschwerde bei Presserat und SRG-Ombudsstelle eingereicht hatte – sondern er selber.