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Montag
15.11.2021

Medien / Publizistik

Eine einzige Quelle reicht nicht, erst recht nicht für eine fette Schlagzeile.

Eine einzige Quelle reicht nicht, erst recht nicht für eine fette Schlagzeile.

Der Schweizer Presserat rügt Titel und Quellenbearbeitung der «Basler Zeitung» (BaZ) in einem Artikel über die Bettenbelegung in Basler Spitälern. Nebst einem zu vagen Titel habe die Tamedia-Zeitung zu nonchalant mit Daten hantiert.

In dem gerügten Bericht hiess es, laut Pflegefachleuten belegten überdurchschnittlich viele Corona-Patienten mit Migrationshintergrund die Intensivstationen. Die BaZ stellte damit einen Zusammenhang zwischen Migration und hohen Infektionszahlen her. Gleichzeitig betonte sie, es gebe hierzu keine offiziellen Zahlen.

Die zur Schlagzeile «70 Prozent Migranten in den Spitalbetten» erhobene Behauptung ist gemäss Presserat nicht genügend belegt. Der Artikel beruht bezüglich der aktuellen Zahlen auf einer einzigen Quelle. 

«Auch wenn der Baselbieter Gesundheitsdirektor die 70 Prozent nach Erscheinen des Artikels bestätigt hat, war diese Zahl zum Zeitpunkt der Publikation nicht eindeutig belegt», schreibt das Aufsichtsgremium in seiner Stellungnahme und verweist auf das Zwei-Quellen-Prinzip. 

Dass sich mehrere Angehörige des Gesundheitspersonals bei den Medien gemeldet hätten, kann laut Presserat nicht als zweite Quelle dafür geltend gemacht werden, dass die 70 Prozent stimmen – genauso wenig der Umstand, dass das Universitätsspital diese Zahl nicht dementiert. 

Immerhin kommt in dem BaZ-Artikel selbst mehrfach zur Sprache, dass offizielle Daten über einen Migrationshintergrund gar nicht erhoben würden. Mit dem wackligen Titel hat die  BaZ gegen die Wahrheitspflicht verstossen.

Was die Recherche betrifft, stellt der Presserat fest, dass im Artikel einmal von «Neuinfektionen» ausgegangen wird, ein andermal von «Patienten auf der Intensivstation» oder dass auch ganz allgemein von «Corona-Patienten» oder «Patienten auf der Corona-Station» die Rede ist. 

«Eine solche Gegenüberstellung diffus umschriebener Zahlen lässt laut Presserat keine verlässlichen Rückschlüsse zu. Die hohe gesellschaftliche Relevanz des Themas, die damit verbundenen Gefahren und Ängste und die Komplexität der Materie hätten jedoch besondere Sorgfalt verlangt», schreibt der Presserat weiter. 

Die BaZ hat daher auch gegen die Richtlinie zur Quellenbearbeitung verstossen.