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Montag
19.06.2023

Werbung

Ehrler ist gebürtiger Bieler. Der SWA-Direktor hat sich dafür eingesetzt, dass es nicht zu einem Sprachenzwang kommt…      (Bild: zVg)

Ehrler ist gebürtiger Bieler. Der SWA-Direktor hat sich dafür eingesetzt, dass es nicht zu einem Sprachenzwang kommt… (Bild: zVg)

Am Sonntag stand in Biel das neue Reklamereglement der Stadt zur Debatte. Die Bieler Bevölkerung stimmte darüber ab, ob künftig alle baubewilligungspflichtigen Reklamen zwingend in den Amtssprachen Deutsch und Französisch ausgehängt werden müssen.

Das Komitee «NEIN zum Reklamereglement» bedauert, dass sich die Bielerinnen und Bieler zu Gunsten des Sprachenzwangs entschieden haben.

Damit werde das geltende Gesetz zur Meinungs- und Sprachenfreiheit eingeschränkt und die Sprachenfreiheit in der weltoffenen Stadt Biel künftig zensiert.

Der Klein Report hat «am Tag danach» mit Roland Ehrler, Direktor Schweizer Werbe-Auftraggeberverband SWA/ASA, gesprochen.

Wie geht es jetzt ganz generell weiter nach der Annahme der Zweisprachigkeit für Plakate in Biel?

Roland Ehrler: «Falls das Reglement in dieser Form in den nächsten Monaten in Kraft tritt, müssen die kommerziellen Plakate in Biel in den beiden Amtssprachen konzipiert sein. Also ausschliesslich auf Deutsch und/oder Französisch.»

Im Abstimmungsbüchlein wird ja faktisch Englisch als mögliche Sprache auf den Plakaten ausgeschlossen. Was rät nun diesbezüglich der Schweizer Werbeauftraggeberverband einer Werbeagentur?

Ehrler: «Englische und andere Sprachen sind faktisch mit dem neuen Reglement verboten, ausser das gehört dann doch noch zum Handlungsspielraum der Bieler Beamten … Sie sehen, es gibt noch einige offene Fragen in Biel und die Kommunikation der Stadt hat nicht gerade zur Klarheit beigetragen. Im Idealfall konzipieren also Agenturen – wie bisher – Werbung in Biel in Deutsch und Französisch. Das hat mit einem freiwilligen Anteil von circa 1/3 aller Plakate in Französisch schon recht gut funktioniert. Heute hat die Stadt allerdings bereits einen Anteil von 43 Prozent Romands und 57 Prozent Deutschsprechenden. Somit sollten Werbeauftraggeber den Anteil im Französisch noch etwas erhöhen.»

Viele nationale Kampagnen gibt es bereits in Französisch und Deutsch mit jeweils eigenen Plakaten. Müssen jetzt in Biel beide Sprachen auf das gleiche Plakat? Oder können die Werbetreibenden jeweils die Hälfte der Plakate deutsch und die andere Hälfte französisch aufhängen?

Ehrler: «Nein, es müssen nicht zwingend beide Sprachen aufs gleiche Plakat, das macht nicht mal die Stadt Biel für ihre eigenen Plakate. Aber das Reglement schreibt eine Konzeption in beiden Sprachen vor, ohne auf die Anteile bei den gebuchten Plakatstellen einzugehen. Ein Kunde könnte also nur ein einziges Plakat auf Französisch aufhängen und 20 Stück in Deutsch. Damit würde der Auftraggeber das neue Reglement einhalten. Sie sehen, das Reglement ist leider unklar und der Artikel 5 unnötig. Am Ende könnte der Schuss für die Stadt Biel gar nach hinten losgehen. So könnten Werbeauftraggeber schlicht einen Bogen um die Stadt Biel machen.» 

Wer Werbung macht, will bei seinem Zielpublikum ankommen. Also ist er interessiert, die Botschaft treffend und sympathisch zu kommunizieren. Ist es da nicht völlig unnötig, einen Werbetreibenden zu einer solchen Höflichkeit seinem Zielpublikum gegenüber per Gesetz zu verpflichten? Wäre hier nicht viel mehr die Eigenverantwortung angebracht?

Ehrler: «Sie sprechen genau den richtigen Punkt an. Der Köder muss bekanntlich dem Fisch und nicht dem Fischer gefallen und Werbung richtet sich immer an ein klares Zielpublikum. Dabei ist es ein Blödsinn, die Gestaltung von Werbung mit einem Sprachenzwang per Gesetz einzuschränken. Unternehmen und Marken bezahlen schliesslich für diese Werbeflächen und sollten deshalb selbst bestimmen können, was in welcher Sprache auf einem Plakat steht. Notabene bekommt die Stadt sogar einen Anteil an diesen Werbeeinnahmen für alle Plakatstellen, die sich auf öffentlichem Grund befinden.»

Als gebürtiger Bieler haben Sie sich ganz persönlich dafür eingesetzt, dass es nicht zu einem Reklamezwang kommt. Sie waren in Biel mit auf der Strasse, um die Bevölkerung mit Info-Blättern aufzuklären. Wie ist Ihre Gefühlslage nach der verlorenen Abstimmung?

Ehrler: «Es war eine sehr gute Erfahrung, den direkten Kontakt mit der Zielgruppe der Abstimmungskampagne – also die Bieler Stimmberechtigten – zu haben. Dabei haben sich einige sogar für den Einsatz bedankt. Das ist der grösste Lohn für unsere Bemühungen, selbst wenn wir nun knapp verloren haben. Zudem ist es gelungen, mit unserem breit abgestützten Komitee, bei dem sich sogar der Eishockey-Vizemeister EHC Biel engagiert hat, eine Sprachendiskussion über Werbung anzuregen. Sonst hätte die Stadt das Reglement mit dem Sprachenzwang stillschweigend umgesetzt.»