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Donnerstag
11.01.2018

Medien / Publizistik

Der Schweizer Presserat ist im letzten Jahr mit Beschwerden überflutet worden. Seit Bestehen hatte das medienethische Gremium noch nie so viele Eingaben zu beantworten. Über die Gründe der zunehmenden Medienkritik lasse sich nur spekulieren, so Geschäftsführerin Ursina Wey zum Klein Report.

Insgesamt 127 Beschwerden sind 2017 beim Presserat eingegangen. Die Zahl der Eingaben bewegt sich somit weit über dem langjährigen Durschnitt, der bei etwa 80 Beschwerden liegt. Auch der bisherige Rekord aus dem Jahr 2003 mit 103 Beschwerden wurde klar übertroffen. «Das war damals ein einmaliger Ausreisser», erklärte Wey.

Weshalb das Pendel nun erneut nach oben ausschlägt, kann die Presserats-Geschäftsführerin nicht erklären. Es seien wohl nicht einzelne Ereignisse gewesen, die den Ausschlag für die regelrechte Beschwerdeflut gegeben hätten. Auch wenn eine Einzelperson insgesamt zehn Beschwerden eingereicht habe.

«Es ist möglich, dass die denkwürdige Trump-`Arena` einigen die Existenz des Presserates in Erinnerung gerufen hat», so Wey zu einer möglichen Erklärung. Denn in der breit diskutierten Sendung, die bei der SRG-Ombudsstelle zu einem Beanstandungsrekord führte, wurde die Funktionsweise des Presserats erklärt - und Markus Spillmann, Präsident der Stiftung Schweizer Presserat, war mit dabei.

Auch möglich sei, dass die Diskussion um Fake News den kritischen Blick auf die Medien geschärft habe. «Aber auch das ist spekulativ», ergänzte Wey. Zudem zeige sich bei der Auswertung der Beschwerden keine Verschiebung zuungunsten der Medien: «20 Beschwerden wurden ganz oder teilweise gutgeheissen, 33 Beschwerden wurden abgewiesen. Dieses Verhältnis bewegt sich im langjährigen Mittel», rechnete Wey für den Klein Report.

Die starke Zunahme führte zu Kapazitätsengpässen beim Presserat. «Ja, die Zunahme hat Auswirkungen auf die Beschwerdebehandlung, namentlich auf die Dauer.» Während gewichtigere Stellungnahmen, welche durch eine Kammer verabschiedet werden, innert drei bis sechs Monaten behandelt würden, könne es bei anderen Beschwerden auch bis zu einem Jahr dauern.

Beschwerdeführer, die sich anwaltlich vertreten lassen, sowie Unternehmen und Organisationen, die Beschwerde erheben, müssen ab diesem Jahr neu eine Gebühr von 1000 Franken zahlen. Dies aufgrund der «anhaltend schwierigen Finanzlage» des Presserates. Ausserdem sei es nicht Sinn und Zweck, dass sich immer mehr Parteien vor dem Gremium anwaltlich vertreten lassen. «Das Verfahren ist unkompliziert und das Einreichen einer Beschwerde erfordert keine juristischen Kenntnisse.»