Ulrich (Ueli) Götsch ist im Alter von 92 Jahren in Rafz gestorben. Einzig die «NZZ am Sonntag» meldete den Tod dieses einst doch gewichtigen SP-Politikers, der eine umfangreiche Karriere vom gelernten Feinmechaniker über den SP-Parteisekretär und Verlagschef der Genossenschaftsdruckerei Zürich, den Nationalrat und den Chefredaktor des damaligen Fernsehens DRS hinter sich brachte.
Die NZZ-Sonntagszeitung berichtete über Götsch unter dem Titel «Fernsehchef mit wenig Fortüne». Der Berichterstatter schreibt treffend über diese Zeit der Regionalisierung der «Tagesschau»: «Wer heute vom `Schweizer Staatsfernsehen` redet, der vergisst oder ignoriert, dass sich die Politik früher noch ganz anders ins Programm und in die Personalpolitik einmischte. Die Vergabe von Chefposten waren Politika ersten Ranges, der Parteienproporz war oft wichtiger als die berufliche Qualifikation.»
Der Schreibende des Klein Reports, Eugen Rieser, war damals als Redaktor bei der DRS-«Tagesschau» tätig und möchte darauf hinweisen, dass Götsch früher wenigstens auch als Journalist wirkte und dass damalige DRS-Chefs meist Schauspieler, Mittelschullehrer und Juristen waren. Etablierte Redaktorinnen und Redaktoren von der «Neuen Zürcher Zeitung», dem «Tages-Anzeiger» und anderen Publikationen wagten kaum den Sprung ins Zürcher Leutschenbach, weil das Fernsehen damals als Boulevard-Medium verschrien war. Darum erhielt die junge Generation die Chance, beim Fernsehen interessante Jobs zu bekommen.
Ulrich Götsch wurde zuerst Chef der Informationssendungen und später Chefredaktor, weil «sein Vorgänger, ein CVP-Mann, berufliches und parteipolitisches Engagement auf ungebührliche Art vermengt hatte und den Hut nehmen musste», weiss der NZZ-Journalist zu berichten. Seit 1963 sass Götsch zudem im Nationalrat. Eine Art Verlagsmanager war er immerhin, seit 1968 die serbelnden sozialdemokratischen Tageszeitungen zu einem Zeitungsverbund, zum AZ-Ring, zusammengeführt worden waren. Wie weit auch Götsch beim SP-Zeitungssterben beteiligt war und zu wenig für die Rettung unternommen hatte, lässt sich nicht klären.
Als Mitglied der internationalen Arbeiterjugend ging er nach dem Krieg nach Wien und nach Belgrad. In der Hauptstadt des damaligen Jugoslawiens arbeitete Götsch für die sozialdemokratische Zürcher Tageszeitung «Volksrecht» und informierte als Journalist über den Sozialismus von Tito.
Als Götsch 1971 Chef der Informationssendungen des Schweizer Fernsehens wurde, geriet er in eine bewegte Zeit. «Junge, aufmüpfige Journalisten entstauben die Anstalt. Der Berner SVP-Nationalrat Walther Hofer gründet die rechtsbürgerliche Radio- und Fernsehgesellschaft (`Hofer-Club`), eine Art permanente Anklageinstanz», so die «NZZ am Sonntag». Da kann man anfügen: Der Sekretär des «Hofer-Clubs» war Willy Güdel und er intervenierte praktisch jede Woche mit Anklagen gegen DRS-Sendungen, wo er jedesmal linke Propaganda vermutete.
In der Götsch-Ära kam es auch zur skandalumwitterten «Telebühne», zur berühmt-berüchtigten «Müller»-Sendung, die ihm das Ende der TV-Karriere einläutete.
Später lebte Ulrich Götsch als Rosenzüchter im Zürcher Unterland.