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Dienstag
11.12.2001

Das «Zofinger Tagblatt» verletzte die berufsethisch gebotene Zurückhaltung bei der Gerichtsberichterstattung im Zusammenhang mit einem Sexualdelikt, schreibt der Schweizer Presserat am Dienstag. Bei der Berichterstattung über Sexualdelikte sei ein besonders sorgfältiges Vorgehen der Medienschaffenden erforderlich, heisst es. Im Mai 2001 veröffentlichte das «Zofinger Tagblatt» einen Bericht über die Hauptverhandlung eines Strafprozess bei dem es um sexuelle Handlungen mit Kindern ging. Im Artikel wurden unter anderem die Tatorte und der Arbeitsort des Angeklagten sowie weitere Details über Täter und Opfer genannt. Beispielsweise wurde die psychische Beeinträchtigung des Täters beschrieben. Dadurch sei dieser identifizierbar geworden, rügte der Arbeitgeber des Angeschuldigten. Er beschwerte sich deshalb beim Presserat wegen Verletzung der Privatsphäre und der Menschenwürde des Verurteilten. Das «Zofinger Tagblatt» wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Die Beschreibung der behinderten Persönlichkeit des Angeschuldigten sei ein Dienst an die Leserschaft gewesen, ohne den das milde Urteil kaum verständlich geworden wäre. Der Presserat fand hingegen, dass dadurch die Gefahr der Stigmatisierung bestehe. Ausserdem sei die Veröffentlichung von Einzelheiten aus der Privat- und Intimsphäre des Angeschuldigten für das Verständnis nicht notwendig gewesen, habe aber die Identifikation des Betroffenen wesentlich erleichtert.