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Mittwoch
11.09.2024

Medien / Publizistik

«Die Maurmer Bevölkerung will keine Privatisierung der ‚Maurmer Post‘»...       (Bild: Screenshot MP)

«Die Maurmer Bevölkerung will keine Privatisierung der ‚Maurmer Post‘»... (Bild: Screenshot MP)

Geht es nach dem Gemeindeamt des Kantons Zürich, darf eine Gemeinde keine Zeitung herausgeben. In der Gemeinde Maur passiert aber genau das.

Im Interview mit Chefredaktorin Ursula Klein nimmt Gemeindeschreiber Christoph Bless Stellung zur rechtlichen, redaktionellen und finanziellen Situation der in die Schlagzeilen geratenen «Maurmer Post».

Seit einigen Monaten existieren in der Gemeinde Maur zwei Zeitungen – die offizielle «Maurmer Post» sowie die neue «Maurmer Zeitung». Wie stellt sich die Gemeinde dazu?
Christoph Bless
: «Grundsätzlich positiv. Beide Zeitungen haben ihre eigenen und gleichermassen wichtigen Rollen im politischen Informations- und Meinungsbildungsprozess. Für die Bevölkerung ist Medienvielfalt eine generell gute Sache.»

Zwei Publikationen buhlen damit um die Leserschaft. Müsste man nicht über eine Zusammenarbeit nachdenken?
Bless: «Die ‚Maurmer Post‘ ist die offizielle Gemeindepublikation, welche die Gemeinde im Auftrag der Bevölkerung herausgibt. Diesen Auftrag gilt es zu erfüllen, unabhängig von den Angeboten des privaten Marktes. Und wie gesagt: Medienvielfalt unterstützt die Meinungsbildung in der direkten Demokratie. Es kann nicht das Bestreben des Gemeinderats sein, dem entgegenzuwirken.» 

Das Gemeindeamt des Kantons Zürich hat festgehalten, dass eine Gemeinde als Herausgeberin einer Zeitung nicht legitimiert ist. Wie gehen Sie mit dieser Erkenntnis um?
Christoph Bless: «Das ist die Krux: Die Einschätzung des Gemeindeamts steht im Widerspruch zum Volkswillen und damit zu den politischen Realitäten. Aus diesem Grund haben wir unser Aufsichtsorgan, den Bezirksrat, angerufen, um eine juristische Klärung herbeizuführen und so die Grundlagen zu schaffen, um die Strukturen unserer Gemeindepublikation auf eine solide Basis zu stellen.»

Steht es zur Debatte, dass nochmals über die Privatisierung der «Maurmer Post» abgestimmt wird?
Bless: «Wie gesagt: Die Maurmer Bevölkerung hat ihren Willen zu diesem Thema unmissverständlich geäussert: Sie will keine Privatisierung der ‚Maurmer Post‘. Der Gemeinderat wird darum die Antwort des Bezirksrats abwarten und die Bevölkerung in einem ersten Schritt transparent über die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen informieren. Diese Rahmenbedingungen bilden dann das Fundament für einen allfälligen neuen Antrag. Wie dieser genau aussehen würde, ist im Moment offen. Das Ziel des Gemeinderats ist und bleibt es, den Willen der Bevölkerung bestmöglich umzusetzen.»

Die Gemeinde hat die Festlegung der künftigen Strukturen der «Maurmer Post» dem Bezirksrat in Uster übertragen. Wie ist der Stand der Dinge?
Christoph Bless: «Wir warten noch immer auf die Antwort.»

Wie läuft das Bewerbungsverfahren für die Position der Chefredaktion? Die aktuelle Chefredaktorin wird immer noch als ad interim geführt.
Bless: «Nach Einschätzung des Gemeindeamts sind die gegenwärtigen Strukturen und das Inhaltskonzept der ‚Maurmer Post‘ nicht zulässig. Begründung: Dass redaktionelle Mitarbeitende einerseits Angestellte der Gemeinde sind und andererseits unabhängig und mitunter behördenkritisch berichten sollen, ist gemäss Gemeindeamt nicht zulässig. Der Bezirksrat muss die Sachlage nun beurteilen und eine juristische Klärung herbeiführen. Denn die Zukunft der ‚Maurmer Post‘ soll auf eine solide rechtliche Basis gestellt werden. Weil die Besetzung der Chefredaktion einen direkten Bezug zu den Strukturen und dem Inhalt der ‚Maurmer Post‘ hat, muss mit dem Bewerbungsverfahren bis zum Entscheid des Bezirksrats zugewartet werden.»

Was ist oder wird mit der «Maurmer Post Kommission» geschehen?
Christoph Bless: «Bis zur Klärung der Rechtslage durch den Bezirksrat hat der Gemeinderat die Aufgaben der Kommission übernommen. Wie es mit der Kommission danach weitergeht, ist ebenfalls abhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen respektive den zukünftigen Strukturen.»

Im Juni stockte der Gemeinderat das Budget für die «Maurmer Post» um 50’000 Franken auf. Wie und in welchem Umfang wird die Redaktion in Zukunft finanziert?
Bless: «Auch das ist abhängig davon, ob und in welchem Umfang die Strukturen oder der Leistungsauftrag der Gemeindepublikation angepasst werden müssen. Heute wird die Redaktion durch die Gemeinde finanziert.»

Wie gross ist das Budget der «Maurmer Post» für 2025 – und wie finanziert sich dieses?
Christoph Bless: «Der Aufwand für die ‚Maurmer Post‘ ist im Budget 2025 mit 455’000 Franken eingestellt (noch nicht von GR und GV abgenommen – im Vorjahresbudget 2024 betrug er 448’400 Franken). Die Finanzierung erfolgt gemäss Budget 2025 mittels 125’000 Franken Inserateeinnahmen (2024: 120’000 Franken) und Verkäufen von Abos CHF 3000 (2024: 4500 Franken). Die restliche Finanzierung erfolgt über Steuergelder (Gemeindeversammlungsbeschluss).»

Im Zusammenhang der Streitigkeiten um die «Maurmer Post» dürften hohe Anwaltskosten angefallen sein. Darf man von einem Betrag von 30’000 Franken ausgehen – oder wie hoch veranschlagen Sie diesen Posten?
Bless: «Die bis anhin angefallenen juristischen Kosten betragen für die arbeitsrechtlichen Verfahren 21’000 Franken und für die Abklärungen bezüglich Herausgeberschaft 9'500 Franken.»

Der Helvetia Verlag in Bern kündigt das Buch von Thomas Renggli an: «Tod im Sponstürli – wie eine Gemeinde ihre Unschuld verlor». Wie geht die Gemeinde Maur mit dieser Thematik um? 
Christoph Bless: «Der Gemeinderat hat zur Kenntnis genommen, dass das erwähnte Buch erscheinen soll. Den Inhalt kennt der Gemeinderat allerdings nicht, weshalb das Buch bislang kein Thema war.»