Content:

Mittwoch
10.02.2016

Medien / Publizistik

Im Interview mit bild.de hatte der marokkanische Journalist Ali Anouzla «die Situation der Sahara» als Beispiel für Tabuthemen in seinem Heimatland genannt.

Die «Bild»-Onlineredaktion deutschte ein und zitierte Anouzla mit «die Situation der besetzten West-Sahara» - was die marokkanische Staatsanwaltschaft hochkochen liess: Jetzt sitzt der Journalist wegen «Gefährdung der territorialen Integrität des Königreichs» in Rabat vor Gericht.

Die Vorwürfe gegen Ali Anouzla «wären lächerlich, wenn die drohenden Konsequenzen nicht so gravierend wären», brachte es Reporter ohne Grenzen auf den Punkt und wertete den Vorfall als «charakteristisch» für die Verfolgung unabhängiger Journalisten im nordafrikanischen Land: «Absurde Vorwände» werden als Straftaten herangezogen, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen oder in die Selbstzensur zu treiben. 

Anouzla muss mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Obwohl bild.de die fatale Umformulierung inzwischen rückgängig gemacht hat, bleibt die marokkanische Justiz stur. Das Gebiet der Westsahara wird von Marokko beansprucht, was völkerrechtlich aber umstritten ist. 

ROG bezeichnet Anouzla als «einer der wenigen wirklich unabhängigen Journalisten in Marokko». Durch seine investigativen Recherchen hat er immer wieder Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt. Bild.de hatte mit ihm im vergangenen November über die Lage der Journalisten in seiner Heimat gesprochen. Anlass war seine Auszeichnung mit dem Raif Badawi Award for Courageous Journalists.