Der Presserat hat die Frage, mit wem Journalistinnen und Journalisten vor Ablauf der Sperrfrist Kontakt aufnehmen dürfen, bisher noch nie behandelt.
Nun zeigt sich am Fall von «Zentralplus» gegen die Stadt Luzern, wie wichtig es ist, zu wissen und zu verstehen, wie Sperrfristen funktionieren.
Jan Grüebler vom Presserat hat in einer Stellungnahme klargestellt: «Eine Sperrfrist ist ausschliesslich eine Publikationssperre. Eine Sperrfrist ist kein Recherchierverbot.»
Sperrfristen würden auf einer informellen Vereinbarung beruhen, schreibt der Vizepräsident. «Journalisten erhalten die Informationen im Voraus, dafür publizieren sie sie erst zum festgelegten Zeitpunkt. Gerichte nutzen die Sperrfrist, um involvierte Parteien vorab über einen Entscheid zu informieren. Betroffene sollen nicht aus den Medien von einem Urteil erfahren.»
Die Stadt Luzern stellte sich auf den Standpunkt, dass eine Medienmitteilung mit Sperrfrist vertraulich sei. Es sei nicht erlaubt, vor Ablauf der Frist bei Direktbetroffenen oder Parteien Informationen einzuholen.
Dagegen hat sich die Redaktion von «Zentralplus» gewehrt und den Presserat angerufen.
«Ein Recherchierverbot ist grundsätzlich nicht vereinbar mit der verfassungsrechtlich geschützten Informationsfreiheit. Diese gewährleistet das Recht, Nachrichten und Meinungen ohne Eingriffe der Behörden zu beziehen und sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten», hält Jan Grüebler weiter fest.
Das heisst, Journalistinnen und Journalisten dürfen vor Ablauf der Sperrfrist Fachleute und Betroffene zum Inhalt der Medienmitteilung befragen und zum Thema recherchieren. Es verstehe sich von selbst, dass sie dabei mit ihrem Vorwissen gewissenhaft umgehen und die Publikationssperre einhalten, fasst der Presserat zusammen.
«Nicht gerechtfertigt sind Sperrfristen übrigens, wenn damit eine Veröffentlichung hinausgezögert werden soll. Sperrfristen sind deshalb relativ kurz anzusetzen, oft nur für ein paar Stunden, höchstens ein paar Tage», ergänzt Grüebler.
Eine Sperrfrist dürfe auch gebrochen werden. «Das ist gerechtfertigt, wenn ein überwiegendes Interesse an einer früheren Veröffentlichung besteht.»
Dabei haben Journalisten insbesondere auch die Interessen jener zu berücksichtigen, die eine Amtsstelle oder ein Gericht schützen will. Und sie müssen die Quelle über ihre Absicht, «umgehend an die Öffentlichkeit zu gehen, informieren, damit die Quelle die übrigen Medien benachrichtigen kann», wie aus den Richtlinien zur Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten hervor geht.