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Dienstag
26.11.2013

Medien / Publizistik

Tageswoche-Community-Klein-Report

Die Basler «TagesWoche» setzt wie kaum ein anderes Schweizer Medium auf ihre Online Community. Neu arbeitet bei der «TaWo» sogar eine hauptamtliche Community-Redaktorin: Felicitas Blanck, ursprünglich aus Flensburg, arbeitete zuvor als Community-Managerin bei der «Welt» in Berlin und soll nun die vielfältigen kommunikativen Schnittstellen zwischen Redaktion und Leserinnen und Lesern - pardon, der Community - koordinieren. Der Klein Report hat nachgefragt:

Klein Report: Was macht eigentlich eine Community-Redaktorin?
Felicitas Blanck: «Ich arbeite in einer Reihe unterschiedlicher Felder eng mit den jeweiligen Kollegen der Redaktion und natürlich vor allem mit und für die Leser. Dazu gehört die Beantwortung von Leseranfragen, seien es Kritik, Lob, Artikelvorschläge oder auch technische Probleme. Zudem behalte ich ein Auge auf aktuelle Diskussionen und schalte mich ein, falls nötig.

In den Kommentaren beantworte ich auch Fragen, abgesehen von Erinnerungen an den Community-Leitfaden, sollte die Diskussion hitziger werden. In erster Linie reagieren aber die betreffenden Redakteure auf die Kommentare unter ihren Artikeln.

Ein weiterer Teil meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen für und mit Nutzern, wie dem `TagesWoche Mittendrin`-Treffen. Und schliesslich bin ich beteiligt an der Planung von neuen Funktionen wie der Verbesserung und Weiterentwicklung der Kommentarfunktion und Formaten auf unserer Website, die der Community die unmittelbare Mitwirkung an Projekten ermöglichen.»

Klein Report: Was war Ihre Motivation, von der grossen «Welt» im mondänen Berlin zur kleinen «TagesWoche» im beschaulichen Basel zu wechseln?
Blanck: «Ich habe mit Unterbrechungen seit 2007 bei der `Welt` gearbeitet und war neugierig auf etwas Neues. Bei der `TagesWoche` hat mich gereizt, dass ich als erste Community-Redaktorin meinen eigenen Arbeitsbereich mitentwickeln und -bestimmen kann. Beeindruckt hat mich auch die starke Ausrichtung auf eine Einbindung der Community und die aktive Beteiligung, der starke Austausch mit den Lesern.

Was die beiden Städte betrifft: Berlin ist eine faszinierende Stadt und hat viele reizvolle Seiten. Aber nach 13 Jahren, die ich dort gelebt habe, brauchte ich dringend einen Wechsel.

Ich habe mir gesagt, ich will noch mehr sehen als Berlin und noch andere Erfahrungen machen. Ich habe auch etwas den Eindruck bekommen, dass wenn man langjähriger Berlin-Bewohner ist, der Fokus zu sehr auf der Stadt liegt und man andere interessante Orte aus den Augen zu verlieren beginnt.

An Basel gefällt mir sehr, wie entspannt die Stadt auf mich wirkt. Die Menschen sind sehr freundlich, es ist nicht so laut und stressig wie Berlin. Da ich mich sehr für Kunst und Geschichte interessiere (ich habe Kunstgeschichte studiert), trifft das umfangreiche Angebot an Veranstaltungen und insbesondere Museen genau meinen Geschmack.

Ein wichtiger Punkt sind für mich die besondere Lage der Stadt im Dreiländereck und die engen Kontakte zu den Nachbarländern. - Nicht zu vergessen das grossartige Essen!»

Klein Report: Welches sind die wichtigsten Schritte, die Sie jetzt bei der «TagesWoche» einleiten?
Blanck: «Das wird sich natürlich im Laufe der nächsten Woche und Monate noch entwickeln, aber besonders am Herzen liegt mir der Ausbau der Kommentarfunktionen und die noch stärkere Einbindung der Leser in Aktivitäten. Dazu gehören natürlich Veranstaltungen wie `TagesWoche Mittendrin` ebenso wie Projekte, die ihren Schwerpunkt im Internet haben werden.»

Klein Report: Was waren die Überlegungen, die zum ersten Community-Treffen in der «Mitte» geführt haben? Weshalb ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass sich die Community nicht nur virtuell, sondern auch in der realen Welt trifft und austauscht?
Blanck: «Die Entwicklung der `Mittendrin`-Veranstaltungen hat bereits begonnen, bevor ich bei der `TagesWoche` angefangen habe, insoweit gehen die Lorbeeren vor allem an meine Kollegen David Bauer, Dani Winter und Martina Berardini. Ich persönlich finde es besonders wichtig, dass wir uns nach der bisherigen Entwicklung seit dem Schlagwort Web 2.0 stärker bewusst werden sollten, dass Individuen hinter allen Aktivitäten im Netz stehen. Auf wen treffen wir, wenn wir uns an einer Diskussion beteiligen oder etwas im Internet veröffentlichen?

Gerade Zeitungen müssen sich ihren Lesern öffnen, aber auch z.B. Schriftsteller oder das Theater, denke ich. Das Internet hat durch seine horizontale Struktur die Partizipation von Laien begünstigt und beschleunigt, und die Möglichkeiten dieser Entwicklung sollte man nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen. Alte Grenzen werden aufgeweicht oder verschwinden ganz, Medien und Kulturschaffende können auf Herz und Nieren geprüft werden, ebenso wie neuen Input und Feedback nutzen.»

Klein Report: Wie fällt Ihr Fazit des ersten Community-Treffens in der Mitte aus? Was soll für die kommenden Veranstaltungen angepasst werden?
Blanck: «Es hat mich gefreut, dass so viele Leute Interesse an der Veranstaltung hatten, und dass so viele verschiedene Diskussionsbeiträge kamen. Die Akustik muss verbessert werden bei den nächsten Veranstaltungen. Und ich würde gerne mehr jüngere Leute und mehr Frauen motivieren, an die nächste Veranstaltung zu kommen. Ich bin gespannt darauf, Formate, die in der Community vorgeschlagen wurden, auszuprobieren, wie z.B. Bar Camps. Allerdings wird es dafür noch einige Vorausplanung benötigen, denke ich.»

Klein Report: Sie leben erst seit wenigen Wochen in der Schweiz: Wie haben Sie sich in Basel eingelebt?
Blanck: «Ich werde bestimmt noch längere Zeit brauchen, bis ich wirklich behaupten kann, mich eingelebt zu haben. Erstmals bin ich natürlich damit beschäftigt, Baseldeutsch verstehen zu lernen.

In den ersten Tagen habe ich mich in den Altstadtgassen auch gleich mehrmals verlaufen, weil mein Berliner Raster überhaupt nicht mehr funktioniert hat. Ausserdem bin ich noch auf der Suche nach einer dauerhaften Wohnung. Wenn ich diesen Punkt werde abhaken können und meinen Umzug endlich hinter mir habe, wird für mich das Einleben in Basel bestimmt einen grossen Sprung nach vorn machen. Zunächst bin ich jedenfalls begeistert von der Stadt und ihrer Schönheit, wie zum Beispiel am letzten Wochenende am Rheinufer bei Vollmond.»