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Mittwoch
23.10.2013

Medien / Publizistik

Das «Wochenblatt für das Birseck und Dorneck» hat mit dem Bericht «Es kann jeden von uns treffen» über die Stiftung Werkstar die «Erklärung der Rechte und Pflichten der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Der Beschwerdeführer fühlte sich durch ein Bild vom ihm auf der Frontseite der Zeitung in seiner Persönlichkeit verletzt und in der Menschenwürde herabgesetzt.

Im «Wochenblatt»-Bericht wurde über das 30-jährige Bestehen der Einrichtung berichtet, die rund 90 betreute Arbeitsplätze anbietet. Die Geschichte erzählt von einem «Paradigmenwechsel in der Psychiatrie» und von «Integrativen Arbeitsplätzen», die psychisch kranken Menschen die Möglichkeit geben sollen, in einem normalen Alltagskontext unterzukommen.

Der Beschwerdeführer monierte, dass er «für alle Leser klar erkenntlich» gewesen und die Publikation gegen seinen Willen erfolgt sei. Er sei für die Stiftung Werkstar nicht infolge einer psychischen Behinderung, sondern wegen seiner Langzeitarbeitslosigkeit tätig gewesen. Der Kontext, in den er durch den Bericht hineingeraten sei, schade ihm deshalb auf der Stellensuche.

Thomas Kramer, Redaktionsleiter des «Wochenblatts», bedauert, dass der Bericht beim Beschwerdeführer «eine solch negative Reaktion ausgelöst hat». Die Redaktion hätte aber festgehalten, dass die Stiftung intern abkläre, ob sich betroffene Personen für ein Bild zur Verfügung stellen würden.

Die Geschäftsführerin habe entsprechende Abklärungen vorgenommen, worauf der Fotograf davon habe ausgehen dürfen, dass die Personen, die am fraglichen Fototermin anwesend waren, darunter auch der Beschwerdeführer, mit einer Abbildung im «Wochenblatt» einverstanden gewesen seien, argumentierte der Redaktionsleiter.

Der Presserat hielt fest, dass der Beschwerdeführer «aufgrund der Vorabklärung durch die Geschäftsführerin, und da der Fotograf bei der Aufnahme kaum zu übersehen war», tatsächlich davon ausgehen musste, dass ein Bild mit ihm erscheinen würde. Er habe aber nicht damit rechnen müssen, dass er derart prominent abgebildet und aufgrund des Artikels fälschlicherweise als Behinderter wahrgenommen werden könnte.

«In dem mit ca. 125 Zeilen recht ausführlichen Artikel wird mit keinem Wort erwähnt, dass auch heute noch Menschen in der Einrichtung arbeiten, die keine Patienten sind», so der Presserat. Es entstehe in der Wahrnehmung des nicht vorinformierten Lesers der Eindruck einer geschützten Werkstätte; dieser Eindruck übertrage sich auch auf die Personen.

Unter diesen Umständen hätte sich das «Wochenblatt» nicht allein auf die pauschale Zusicherung der Geschäftsführerin verlassen dürfen, sondern auf schriftlichen Einverständniserklärungen der Betroffenen bestehen oder selbst mit den Fotografierten Kontakt aufnehmen müssen, heisst es.

Der Artikel enthalte zwar keinerlei diskriminierende Anspielungen und ebenso wenig würden Behinderte in ihrer Menschenwürde herabgesetzt. Dadurch, dass er aufgrund des beanstandeten Berichts als Behinderter wahrgenommen werden könne, sei der Beschwerdeführer aber in seiner Persönlichkeit verletzt worden, urteilte der Presserat.