Eine gefakte Medienmitteilung und ein gefälschtes Dementi, ein täuschend echter Werbespot und eine inszenierte Medienkonferenz: Eine Künstlergruppe des Zürcher Theaters Neumarkts hat am Montag dem staatsnahen Rüstungsbetrieb Ruag einen bitterbösen Streich gespielt, dem sogar Keystone-SDA auf den Leim ging.
«Der Verwaltungsrat der Ruag International hat entschieden, die Division ‚Ruag Ammotec‘ per 1. Oktober zu schliessen und auf die Herstellung von Munition zu verzichten», verkündete eine Medienmitteilung am Montagmorgen, die von der Domain ruag.green aus versandt worden war.
In Zukunft wolle der Rüstungsbetrieb auf «grüne Technologien» umrüsten. «Mit dieser strategischen Neuausrichtung will Ruag den ethischen Wertvorstellungen der Schweizer Bevölkerung besser entsprechen», hiess es in der Fake-Medienmitteilung im Namen von «Ruag Green». Weil «Indiskretionen» aus dem Verwaltungsrat durchgesickert seien, lade man zu einer Ad-hoc-Medienkonferenz ins Zürcher «Au Premier» ein.
Verlinkt war ein Youtube-Werbespot, in dem «Ruag Green» in imitierter PR-Tonalität der Ruag ihre angebliche grüne Wende promotete. «Wir werden Probleme lösen, statt sie zu erschaffen», heisst es in dem Spot. Die Schiesspatronen würden eingeschmolzen, bald schon montiere man Windräder - neben dem bekannten Ruag-Logo prangt ein grünes Pflänzchen.
Doch damit nicht genug. Ein Stündchen nach der Fake-Mitteilung folgte ein ebenso faustdick erlogenes Dementi im Namen der Ruag, dieses Mal mit dem «richtigen» Logo: Vor Kurzem sei eine «Falschmeldung» an die Presse verschickt worden, die Meldung sei «ein Jux und völlig falsch». Der Technologiekonzern Ruag werde weiterhin Waffen produzieren. Gegen die Urheber der Falschmeldung würden gerichtliche Schritte eingeleitet.
«Die Witzbolde haben auf schändliche Art und Weise all jenen Schweizerinnen und Schweizern falsche Hoffnung gemacht, welche sich einen Ausstieg der Schweiz aus dem Waffengeschäft wünschen», wurde in dem Dementi in bester PR-Manier sogar einer Ruag-Presseverantwortlichen ein Zitat in den Mund gelegt. Aber schon bald würden sie «keinen inneren Widerspruch mehr spüren, denn wir planen die Privatisierung dieser Ruag-Tochtergesellschaft(en).»
«Weder die Einladung zur Medienkonferenz noch die diversen damit zusammenhängenden Medienmitteilungen stammen von Ruag», sagte die Medienstelle des Rüstungsproduzenten gegenüber dem Klein Report, als der geschäftsschädigende Schwindel noch nicht gelüftet worden war. Die verwendeten Domains von E-Mail und Website hätten «keinerlei Bezug zu Ruag. Demnach können wir weder etwas zum Hintergrund der Aktion sagen noch sie kommentieren.»
Am Nachmittag dann outeten sich die Drahtzieher: «Wir wollen in die Realität eingreifen, eine Debatte lancieren», sagte Hayat Erdoğan, Co-Direktorin und Dramaturgin am Theater Neumarkt, auf Anfrage des Klein Reports. Kunst dürfe und solle auch aus dem Theater raus auf die Strasse, um «Möglichkeitsräume» zu öffnen, im Fall der Ruag eine «positive Utopie» davon, was ein staatsnaher Betrieb an «Gutem» bewirken könnte.
Ganz gleich, was man von der politischen Stossrichtung halten mag: Saugut gemacht war die Aktion allemal. Sogar Keystone-SDA war in Vollmontur zur Medienkonferenz angerückt und zog dann aber von dannen, bevor es losging.